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des Schwefels zu Hilfe, den Phosphor, jenen sonderbaren Stoff, den
auch wir in den Knochen unseres Leibes wie in einer Apotheke mit uns
herumtragen. Aber der Phosphor ist ja so feuriger Natur, daß er sich
im Sommer oder zwischen unsern Fingern von selber entzündet! Ganz
recht, aber nur, wenn er seinen Gesellen hat, den Sauerstoff. Ohne
diesen ist er ein toter Mann, und diesem wehre ich den Zutritt zu ihm,
indem ich den Phosphor in Gummischleim einwickle. Nun ist die Sache
wieder beim alten. Der Phosphor brennt nicht und ohne den Phosphoͤr
der Schwefel nicht und ohne den Schwefsel das Hölzchen nicht. Wie
helfe ich mir da? Ich muß dafür sorgen, daß der Phosphor im Innern
einen Körper mit vielem Sauerstoffe vorfindet, von welchem er sich so
viel borgen kann, als er braucht, um anzubrennen. Diesen Körper habe
ich im Braunsteine, einem Erze, das sich häufig unter anderm auch in
Thüringens Bergen findet, und durch welches die Töpfer ihren Gefäßen
die braune oder schwarze Glasur geben.“
Der Scheidekünstler ist nun so weit, daß er vom Studieren zum
Probieren gehen kann. Um sich nicht eine sehr gefährliche Brandwunde
beizubringen, nimmt er nun mit einer Zange aus einem Wassergefäß
ein fingerlanges Ding heraus, das fast wie ein Stück von einem dicken
Wachsflocke aussieht. Das ist der Phosphor, der nur unter Wasser an
der Selbstentzündung verhindert werden kann. Mit einer Schere schneidet
er vorsichtig, aber rasch ein kleines Stück ab, wirft es in warmes Wasser
und rührt es in diesein mit einem Glasstäbchen um, bis es zergangen
ist. Nuͤn schüttet er Braunsteinpulver hinzu und verwandelt das ganze
Gemenge durch Gummi in einen Brei. In diesen taucht er die Spitze
des Hölzchens hinein, das er schon vorher mit Schwefel überzogen hatte.
Das Streichzündhölzchen ist fertig. Er braucht nur zu warten, bis die
Mischung trocken geworden ist. Dann reibt er das Hölzchen an einem
rauhen ünd harten Gegenstande, um die Wärme hervorzubringen, welche
der Phosphor zum Anbrennen braucht. Dabei zerplatzt und verbrennt
die Guümmirinde, und durch den Sauerstoff, welchen die Flamme sich
aus der Luft holt, erfolgt das Fortbrennen der Hölzchens. Nuun
unkwitz.
145. Das Petroleum.
Unter den verschiedenen Beleuchtungsstoffen, dureh welche der
Mensch in neuerer Zeit der Nacht in das Regiment greift, ist das
Petroleum oder Erdöl derjenige, welcher die weitesteé Verbreitung
und die grössste Bedeutung zu gewinnen scheint.
Wobl schũttelten viele Leute die Köpfe bei der Nachricht, dass
drüben in Amerika an manchen Orten das Ol aus der Erde gepumpt
würde wie bei uns das Wasser zu Lande, und dass es dort Teiche
und Flüsse gebe, von deren Oberflche man das Ol abschöpfe, gerade
wie wenn die Mutter eine Gans bratet und das Pett, das auf der
Brühe schwimmt, wit dem Löffel wegnimmt. Die Händler ver—