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„Archimbald!“ rief es wild in dem Saale. „Eggo!“ von einer
andern Seite.
„Dort stand als Führer über hundert Mann ein hünenhafter Gesell,
der Thüring Archimbald, und Eggo, sein Bruderssohn, wohl erfahren
im Kriegsbrauch der Römer. Sie stemmten das Knie im Boden fest, sie
deckten den Leib mit dem Lindenschild und wehrten als dreifache Schild—
burg mit starrenden Speeren. Und wieder brachen die Alemannen heran,
die Schilde krachten im Hieb der Ärxte, die Speere fuhren durch Rüstung
und Leib, die Toten sanken in langen Reihen, und über die Leiber der
Gefallenen drängte der Schwall, Schild an Schild und Brust gegen Brust,
wie Kampf der Stiere in umhegtem Pferch. Da schied sich das Schlachten—
glück von den Alemannen, sie fuhren rückwärts, ihnen graute vor dem
Hauf der sterbenden Genossen. Die Sonne sank, und das Kriegsheil
schwand. Die gelösten Scharen wälzten sich flüchtig zum Ufer des
Stromes, und hinter ihnen stürmten mit Messer und Speer die Römer
wie die Meute hinter dem Hirsch; in den Rhein hinab sprang das
flüchtige Volk, die Sieger am Ufer mit lautem Geschrei warfen die
Speere in ein wildes Gewühl von Männern und Rossen, von toten
Leibern und ertrinkenden Helden. Der Nix des Stromes streckte die
Krallenhände umher und zog die Helden zur Tiefe in seine Behausung.“
Der Sänger hielt an, ein lautes Stöhnen ging durch die Ver—
sammlung, nur einzelne Heilrufe erklangen dazwischen; der Fürst hörte
gespannt auf die Ausbrüche des Schmerzes und der Freude. Dann fuhr
Volkmar fort, indem er die Trauerklänge mit kräftiger Weise vertauschte:
„Der Cäsar trat an den Uferrand und sah lachend hinab in der Männer
Not. Er rief seinem Bannerträger, der den Drachen trug, das rote
Scheusal, aus Purpur gewirkt, darin ein Gott der Römer gefügt den
Siegeszauber, den Tod der Feinde: „Laß schweben den Drachen über der
Flut, daß er seine Zähne zeige und die flammende Zunge dem sterbenden
Volke. In der Luft hoch fliegt er gegen die Himmelshalle der Toten;
wenn sie aufsteigen auf der Wolkenbrücke, so weist er die Zähne; der
Römerdrache hemmt ihnen die Reise, daß sie abwärts fahren den Weg
der Fische, hinab in das Dunkel zu Helas Tor.“ Da rächte den Hohn
der letzte Held, der mit den Waffen die Römer bestand, Ingo, Ingberts
Sohn von Vandalenland, der Königssohn aus Göttergeschlecht. Er hatte
gekämpft an König Athanarichs Achsel, voran im Kampfe, ein Schrecken
der Römer. Da das Schlachtenglück sich wendete, schritt er zurück mit
seinem Gesinde, das ihm folgte auf dem Kriegspfad von Land zu Land,
langsam und zornig wie ein grimmender Bär wich er zum Ufer, wo am
Fuße des Felsens die Kähne lagen. Dort trieb er zusammen die Frauen
des Heeres, die Schicksalsverkünderinnen, die Blutsprecherinnen, und
zwang sie zur Abfahrt, daß die heiligen Mütter dem Schwerte der Römer
entrannen. Auch den Sänger drängte er hinab in den Kahn, und er