Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

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„Archimbald!“ rief es wild in dem Saale. „Eggo!“ von einer 
andern Seite. 
„Dort stand als Führer über hundert Mann ein hünenhafter Gesell, 
der Thüring Archimbald, und Eggo, sein Bruderssohn, wohl erfahren 
im Kriegsbrauch der Römer. Sie stemmten das Knie im Boden fest, sie 
deckten den Leib mit dem Lindenschild und wehrten als dreifache Schild— 
burg mit starrenden Speeren. Und wieder brachen die Alemannen heran, 
die Schilde krachten im Hieb der Ärxte, die Speere fuhren durch Rüstung 
und Leib, die Toten sanken in langen Reihen, und über die Leiber der 
Gefallenen drängte der Schwall, Schild an Schild und Brust gegen Brust, 
wie Kampf der Stiere in umhegtem Pferch. Da schied sich das Schlachten— 
glück von den Alemannen, sie fuhren rückwärts, ihnen graute vor dem 
Hauf der sterbenden Genossen. Die Sonne sank, und das Kriegsheil 
schwand. Die gelösten Scharen wälzten sich flüchtig zum Ufer des 
Stromes, und hinter ihnen stürmten mit Messer und Speer die Römer 
wie die Meute hinter dem Hirsch; in den Rhein hinab sprang das 
flüchtige Volk, die Sieger am Ufer mit lautem Geschrei warfen die 
Speere in ein wildes Gewühl von Männern und Rossen, von toten 
Leibern und ertrinkenden Helden. Der Nix des Stromes streckte die 
Krallenhände umher und zog die Helden zur Tiefe in seine Behausung.“ 
Der Sänger hielt an, ein lautes Stöhnen ging durch die Ver— 
sammlung, nur einzelne Heilrufe erklangen dazwischen; der Fürst hörte 
gespannt auf die Ausbrüche des Schmerzes und der Freude. Dann fuhr 
Volkmar fort, indem er die Trauerklänge mit kräftiger Weise vertauschte: 
„Der Cäsar trat an den Uferrand und sah lachend hinab in der Männer 
Not. Er rief seinem Bannerträger, der den Drachen trug, das rote 
Scheusal, aus Purpur gewirkt, darin ein Gott der Römer gefügt den 
Siegeszauber, den Tod der Feinde: „Laß schweben den Drachen über der 
Flut, daß er seine Zähne zeige und die flammende Zunge dem sterbenden 
Volke. In der Luft hoch fliegt er gegen die Himmelshalle der Toten; 
wenn sie aufsteigen auf der Wolkenbrücke, so weist er die Zähne; der 
Römerdrache hemmt ihnen die Reise, daß sie abwärts fahren den Weg 
der Fische, hinab in das Dunkel zu Helas Tor.“ Da rächte den Hohn 
der letzte Held, der mit den Waffen die Römer bestand, Ingo, Ingberts 
Sohn von Vandalenland, der Königssohn aus Göttergeschlecht. Er hatte 
gekämpft an König Athanarichs Achsel, voran im Kampfe, ein Schrecken 
der Römer. Da das Schlachtenglück sich wendete, schritt er zurück mit 
seinem Gesinde, das ihm folgte auf dem Kriegspfad von Land zu Land, 
langsam und zornig wie ein grimmender Bär wich er zum Ufer, wo am 
Fuße des Felsens die Kähne lagen. Dort trieb er zusammen die Frauen 
des Heeres, die Schicksalsverkünderinnen, die Blutsprecherinnen, und 
zwang sie zur Abfahrt, daß die heiligen Mütter dem Schwerte der Römer 
entrannen. Auch den Sänger drängte er hinab in den Kahn, und er
	        
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