22 HI- Der Ministerpräsident und Kanzler des Norddeutschen Bundes 
Nachdem ich meinen beiden Gästen die konzentrierte Redaktion vor¬ 
gelesen hatte, bemerkte ITToItfe: „So hat das einen anderen Klang, vorher 
klang es wie Chamabe (Zeichen zur Übergabe einer Stadt), jetzt wie 
eine Fanfare in Antwort auf eine Herausforderung." Ich erläuterte: 
«wenn ich diesen Text, welcher keine Änderungen und keinen Zusatz des 
Telegramms enthält, in Ausführung des Allerhöchsten Auftrags sofort 
nicht nur an die Zeitungen, sondern auch telegraphisch an alle unsere 
Gesandtschaften mitteile, so wird er vor Mitternacht in Paris bekannt 
fein und dort nicht nur wegen des Inhalts, sondern auch wegen der 
Art der Verbreitung den Eindruck des roten Tuches auf den gallischen 
Stier machen. Schlagen müssen wir, wenn wir nicht die Rolle des Ge¬ 
schlagenen ohne Kampf auf uns nehmen wollen. Der Erfolg hängt aber 
doch wesentlich von den (Eindrücken bei uns und anderen ab, die der Ur¬ 
sprung des Krieges hervorruft: es ist wichtig, daß wir die Angegrif¬ 
fenen seien, und die gallische Überhebung und Reizbarkeit wird uns 
dazu machen, wenn wir mit europäischer Öffentlichkeit, soweit es uns 
ohne das Sprachrohr des Reichstags möglich ist, verkünden, daß wir den 
öffentlichen Drohungen Frankreichs furchtlos entgegentreten." 
Diese meine Auseinandersetzung erzeugte bei den beiden Generalen 
einen Umschlag zu freudiger Stimmung, dessen Lebhaftigkeit mich über¬ 
raschte. Sie hatten plötzlich die Lust zu essen und zu trinken wieder¬ 
gefunden und sprachen in heiterer Laune. Roon sagte: „Der alte Gott 
lebt noch und wird uns nicht in Schande umkommen lassen." ITToltke 
trat so weit aus seiner gleichmütigen Passivität heraus, daß er sich, mit 
freudigem Blick gegen die Zimmerdecke und mit verzicht auf seine son¬ 
stige Gemessenheit in Worten mit der Hand vor die Brust schlug und 
sagte: „Wenn ich öas noch erlebe, in solchem Kriege unsere Heere zu 
führen, so mag gleich nachher die alte Karkasse (Gerippe) der Teufel 
holen." (Er war damals hinfälliger als später und hatte Zweifel, ob 
er die Strapazen des Feldzuges überleben werde.1 
b) Über die Friedensbedingungen. 
(ctus dem Brief an feinen Sohn Herbert.) 
Ferneres, 23. September 1870. 
... Ich habe hier mit den Franzosen schon dreimal stundenlang 
verhandelt, sie bekamen aber über das Elsaß noch immer so schweres 
Bauchgrimmen, daß wir abbrechen mußten. Fünftausend Millionen 
Franken glauben sie zahlen zu können, und schienen bereit dazu, wenn 
tnir ihnen Straßburg ließen. Aber ich sagte ihnen, von dem Gelde wollten 
.. x -L. 5ra9ei wie weit dieser Bericht als Geschichtsquelle zu verwerten 
Lenz 5 530f ^ Beöeutun9 der Bismarcfschen Fassung des Telegramms siehe
	        
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