69. Das Blatt Papier. — 70. D' Wiederkehr. 117
69. Das Blatt Papier.
Ein Blättchen Papier kann älter werden
Wie das frischeste Maiblatt auf Gottes Erden,
Wie das fliukeste Gemslein am Felsenwall,
Wie das lockige Kind im lieblichen Tal;
Ein Blättchen Papier weiß und mild
Ist oft das treueste, einzige Bild,
Das der Mensch zurückläßt künftigen Zeiten,
Da über seinen Staub die Urenkel schreiten.
Das Gebein ist zerstreut, der Grabstein verwittert,
Das Haus zerfallen, die Werke zersplittert;
Wer weist in der ewigen, großen Natur,
In der wir gewandelt, unsere Spur?
Neue Menschen ringen mit neuem Geschick,
Keiner denkt an die alten zurück.
Da ist ein Blatt mit seinen bleichen
Tintenstrichen oft das einzige Zeichen
Von dem Wesen, das einst gelebt und gelitten,
Gelacht, geweint, genossen, gestritten;
Und der Gedanke, dem Herzen entsprossen
In Schmerz oder Lust und tollen Possen,
Sinkt hier nieder und der Ewigkeit Kuß
Verhärtet ihn zu einem ewigen Guß.
O möge er, geläutert, in fernen Zeiten
Wieder in die Herzen der Menschen gleiten!
Peter Rosegger.
70. D' Wiederkehr.
(Altbayerisch.)
A Muatterl, alt und krünkli',
Js schon a Jahr alloaZ;
Sie kümmert si' und sorgt si':
Was werd ihr Bua wohl toa^)?
Der hat in Kriag fürt müass'n;
Sie woaß gar net, wia weit;
Es is koa Botschaft kemma
Seit dera hart'n Zeit.
Auf oamal geht die Tür auf
Und 'rein kimmt ihra Suh'^).
„Grüaß Gott! Grüaß Gott, liab's Muatterl!"
,Was? Pauli, bist as du?!
i) allein, 2) tun, 3) Sohn.