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Römische Geschichte. Vierte Periode (31 v. Chr. bis 395 n. Chr.).
122.
128,
2. Allgemeine Kultur.
So trat auch ein Verfall der allgemeinen Kultur ein. Die
Yolkszahl sank erschreckend, zuerst in Italien, und hier wieder
verödete zunächst das platte Land; eine Pest beförderte noch den
schon seit langem eingetretenen Rückgang der Bevölkerung. Die
Landwirtschaft wie alle anderen Zweige der Yolkswirtschaft
verfielen. Immer mehr sank die Steuerkraft, steigerte sich der
Steuerdruck. Eine beispiellose Münzverschlechterung beweist die
Zerrüttung der Yolkswirtschaft.
Ihr entsprach der Rückgang der geistigen Kultur, besonders
der Literatur. Nur die Baukunst leistete noch Bedeutendes; das
beweisen die Thermen des Caracalla und die Porta Nigra in Trier.
Im übrigen machte sich in der Not der Zeit auch im Heidentum
ein stärkeres und tieferes religiöses Bedürfnis geltend, trat das
auf das Jenseits, das Leben nach dem Tode gerichtete Nachdenken
in den Vordergrund und schuf in der römischen Welt einen
geistigen Zustand, der den schließlichen Sieg des Christentums
verbürgte.
Y. Letzter Kraftaufschwung des Reiches (284-—395).
1. Die Verfassung Diokletians.
Der von den Truppen zum Kaiser erhobene dalmatische Bauern¬
sohn Diokletian (284 — 305) suchte noch einmal dem Reiche auf¬
zuhelfen durch Erlaß einer neuen Verfassung. Es sollten stets
regieren zwei Oberkaiser (Augusti) und zwei Unterkaiser (Cäsaren),
und diese sollten die Nachfolger jener beim Aufhören ihrer Regie¬
rung werden. Die Verfassung wurde unumschränkt monarchisch;
der Senat führte nur ein Scheindasein. Der Kaiser nannte sich
Pomipns (Herr), nahm da.s Diadem an und umgab sich mit höfischen
Gebräuchen und einer zahlreichen Beamtenschaft nach orientalischer
Art. Das Reich zerfiel in Präjektnreji und Diözesen; alle
landschaftlichen oder provinziellen Besonderheiten wurden be¬
seitigt. Zur Unterhaltung des — bedeutend vermehrten —
H eeres und zur Besoldung der Beamten wurden neue Steuern
nötig, unter deren Druck die ganze Bevölkerung seufzte. Es kam
der Grundsatz auf, daß alles öffentliche Eigentum dem kaiserlichen
Fiskus gehöre, und der Unterschied zwischen Staatseigentum und