262
A. Europa.
feit der Fürsten brauchten. Solche Männer, wir Gre¬
gor VII. 1073-1085, Urban 11.1087-1100, Alexander 111.
1160 —1181, vor allen aber der ehrgeizige Jnnocenz 111. 1198
— 1216, standen in der That und ohne Anmaßung höher, als
die meisten ihrer Zeitgenossen. Sie konnten nun unverhohlen aus¬
sprechen, was ihre Vorgänger nur angedeutet, die geistliche Macht
stehe über der weltlichen, und kraft dieses Satzes Kaiser und Kö¬
nige absetzen, die Unterthanen von ihren Pflichten lossprechen,
Fürsten in den Bann thun, wodurch sie von der menschliehen Ge¬
sellschaft ausgestoßen waren, das Jnterdiet über ganze Lander aus¬
sprechen, wo dann aller Gottesdienst, aller Beistand der Kranken
und Sterbenden u. s. w. aufhörte. Sie allein beriefen allgemeine
Kirchenversammlungen, waren die Vorsitzer derselben und nur ihre
Bestätigung gab den Beschlüssen Gültigkeit. Ihre Aussprüche in
Glaubenssachen wurden für untrüglich (Infallibilität) gehalten,
und das zahllose Heer der Mönche, besonders die Bettelorden, so
wie das furchtbare Gericht der Inquisition, waren die folgsamen
Diener und Stützen ihrer Macht. So waren die Papste im 12ten
und Anfang des l3ten Jahrhunderts. Mit diesem und dem Ilten
beginnt das Sinken ihrer Macht. — Wir haben schon gesehen,
daß bereits im Ilten Jahrhundert mehrere Städte Ober-Italiens
sich zu Unabhängigkeit und Macht erhoben; unter ihnen waren
Mailand und Pavia die bedeutendsten. Im 12ten bildete sich diese
Macht immer mehr aus, also daß das Ansehen der deutschen Kai¬
ser, denen man wohl den Titel: Könige der Lombardei, aber keine
wahre Macht zugestand, trotz der Anstrengungen einiger kräftigen
Monarchen immer mehr in Verfall gerieth. Bei den langen Strei¬
tigkeiten der Päpste mit den Kaisern hatten auch die Städte Ober-
Italiens eifrig Partei genommen und Guelfen und Ghibellinen
(S. 30.), jene Anhänger der Päpste, diese der Kaiser, be¬
kämpften einander in Italien noch lange, nachdem diese Namen
schon ihre ursprüngliche Bedeutung verloren hatten. Friedrich 1.
demüthigte zwar anfänglich das stolze Mailand, ja er verwüstete es
nach einem Aufstande 1162 mitFeuer und tLchwerdt, dennoch brach
bald nachher ein neuer Aufstand aus, und Friedrich vermochte nichts
gegen den großen Bund, welchen nun die meisten lombardischen
Städte mit einander schlossen; eben so wenig gelang es Friedrich 11.
diesen Bund zu überwältigen. Sobald aber die gemeinsame Gefahr
vorüber war, brachen die Fehden der einzelnen Städte unter ein¬
ander um so gewaltiger aus; ja in jeder dieser Städte wütheten die
Parteien der Guelfen und Ghibellinen gegen einander , uüd eben
hierdurch gelang es mehreren mächtigen Familien, hie und da die
Freiheit zu unterdrücken und sich zu. Fürsten zu erheben. So wur¬
den aus den Visconti's, ursprünglich kaiserliche Statthalter von
Mailand, im Uten und 15ten Jahrhundert Herzöge von Mai¬
land, deren Macht spater auf die Sforza's erbte, bis Frankreich