26 Der Weltkrieg 1914/17.
die Verfolgung des weichenden Feindes auf. An demselben Tage hatte die Armee
Falkenhayn den wichtigsten Knotenpunkt Ploesti (nördlich von Bukarest) im Sturm
genommen und drang darauf längs der Eisenbahnstrecke nach Norden vor. Die Donau—
armee konnte nur schwer mit ihr Schritt halten, weil sie dem Laufe des Stromes folgen
und eine große Schwenkung machen mußte. Die rumänischen und russischen Truppen
setzten ihren Rückzug in zwei Gruppen fort: nach Norden gegen Focsani, nach Osten
gegen Braila und legten vor diesen festen Plätzen Feldbefestigungen an. In Braila
wurden sie zunächst von der Westseite aus angegriffen. Unterdessen hatten jedoch
bulgarische Truppen die Feinde aus dem Norden der Dobrudscha über die Donau nach
Rußland hinein geworfen und griffen nun Braila auch vom Ostufer der Donau aus an.
Deshalb sahen sich die Feinde genötigt, Anfang Januar 1917 diese wichtige Stadt zu
räumen. Nunmehr war die Donau auf eine Strecke von 260 km dem Feinde ent—
rissen, und der Nachschub an Truppen, Proviant und Munition konnte fortan schnell
und sicher auf dem Wasserwege erfolgen. Unter harten Kämpfen drangen unsere
Truppen bis an den Sereth vor und besetzten das rechte Ufer von der Mündung bis
Focsani. — Zu gleicher Zeit ging die Armee des Erzherzogs Josef über das Hochgebirge
der Karpathen gegen das Tiefland der Moldau nach Osten vor. Durch das planmäßige
Vordringen der Verbündeten sahen die Russen den Süden ihres Reiches bedroht. Des—
halb suchten sie die Donau und Serethlinie zu halten und den Abstieg der Armee des
Erzherzogs Josef aus dem Gebirge zu hindern. Ende Januar setzte große Kälte weiteren
Unternehmungen ein Ziel. Rumäniens Macht war jedoch bereits gebrochen. Die
Front der Mittelmächte hatte eine Verkürzung um 700 Em (gleich der Strecke Berlin—
Tilsit) erfahren, und das fruchtbare Gebiet des eroberten Landes konnte fortan für die
Volksernährung der Mittelmächte ausgenutzt werden. Nach der Befreiung Galiziens
und der Bukowina drang die Armee Mackensens im August 1917 von Focsani nach Nor—
den hin vor und drängte die Feinde unter schweren Kämpfen über den Sereth zurück.
IV. Der Krieg im Osten. a) Die Frühjahrskämpfe. Anfang Januar drangen
überlegene russische Kräfte von Riga aus über das Eis der Düna und der vorgelagerten
Sümpfe gegen Mitau vor. Mit Hilfe herbeigeeilter Gardetruppen wurde der Vorstoß
zum Stehen gebracht. Nach und nach griffen aber auf beiden Seiten größere Truppen—
massen ein, so daß sich zwischen der Straße Riga —Mitau und dem Flüßchen Aa eine
blutige Schlacht entwickelte. Auf den Dünen zwischen Sumpf und Meer und zu beiden
Seiten der Aa erwarben sich besonders ostpreußische Reserveregimenter auf schwierigem
Gelände bei grimmiger Kälte in blutigem Ringen unsterblichen Ruhm. Die Russen
wurden in ihre ursprünglichen Stellungen und darüber hinaus zurückgedrängt. Starke
Entlastungsvorstöße bei Dünaburg und weiter südlich vermochten dies nicht zu hin—
dern. . . . Anfang April unternahmen deutsche Truppen einen überraschenden Angriff
am Flusse Stochod (südlich von Pinsk), eroberten einen stark befestigten Brückenkopf
und machten 10000 Gefangene.
b) Große Kampfpause. Die rücksichtslosen Massenangriffe Brussilows und die
Kämpfe in Rumänien und vor Riga hatten die russische Armee sehr geschwächt. Des—
halb trat im Februar an der ganzen Ostfront für einige Monate eine allgemeine Kampf—
pause ein, die von den deutschen Truppen nicht gestört wurde. Im Innern des Landes
aber ging in dieser Zeit eine große Staatsumwälzung vor sich. Mitte März wurde der
Zar Nikolaus zur Abdankung gezwungen, gefangen genommen und mit seiner Familie
in einem seiner Schlösser untergebracht. Die Reichsduma (Reichstag), ein Arbeiter⸗
und Soldatenrat und ehrgeizige Staatsmänner versuchten es vergebens, im Lande
Ruhe und Ordnung herzustellen. Ganze Truppenteile verweigerten den Gehorsam