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Umsonst, sein Halsband schließt zu gut.
Caut heult er los in wilder Wut ...
Und aus dem Schlaf schreckt Rustifeil,
go lugt auf den Hof und greift zum Beil.
Reineke aber lacht und spricht:
„Gelt, Braun, ein treffliches Gericht!
Den Herrn des Hauses seh' ich kommen;
der hat gewiß sich vorgenommen,
95 ein gutes Schlückchen dir zu weihen.
Caß es zum Besten dir gedeihen!“ —
Der Bauer macht ein groß Geschrei:
„Herbei, ihr Männer, all herbei!
Ein Bär auf meinem Hof gefangen!“
100 Da kommen sie mit Spießen, Stangen,
mit Gabeln, Flegeln, Rechen, Hacken,
den Honignäscher Braun zu packen.
Der aber reißt mit Schmerz und Graus
den Ropf ruck! aus dem Spalt heraus.
105 Ein gutes Teil von seinen Ohren,
von Hhaut und Haaren geht verloren;
auch beide Rlauen läßt er drinnen ...
doch heißt's: Nicht lange jetzt besinnen!
Und atemlos vor Angst und Pein —
110 die Bauern tobend hinterdrein
mit Hhollahoh! und hussahuh! —
läuft Braun dem nahen Walde zu.
Manch schwerer Stein, manch wucht'ger Speer
flog pfeifend hinterm Flüchtling her,
115 und nur mit knapper Müh' und VNot
entging der Bär dem sichern Tod.
Tulius Lohmeyner und Edwin Lormann. (MReinele Fuchs.)
165. Von den Schildbürgern.
a) Wie die Schildbürger ihre Glocke versenken.
Einstmals verbreitete sich im Lande die Kunde von einem großen
Kriege. Die Schildbürger wurden besorgt, es möchte ihnen ihr Hab und
Gut von den Feinden weggeführt werden. Besonders angst war ihnen
für eine Glocke, die auf dem Rathause hing. Auf diese, dachten sie,