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155. Rheinisch-westfälische Industrie.
Verkaufsgeschäfte und eine Anzahl großer Gasthöfe. Die Stadtteile
Moabit und Wedding bilden den Hauptsitz der Großindustrie, haupt¬
sächlich im Maschinenbau. Hier wirkte seit 1836 Borsig, der schon 1873
seine 3000. Lokomotive baute. Die an die Oberspree sich anlehnenden
Stadtteile schließen bedeutende Spinnereien, Webereien und Färbereien
in sich, während jenseits des Schiffbauerdamms in den Vorstädten die
großen Brauereien und chemischen Fabriken zu finden sind.
Berlin ist vor allem Industriestadt und seine Bedeutung als solche
steigert sich von Jahr zu Jahr. Mit Erzeugnissen ihres Maschinenbaues,
von der Lokomotive bis zum feinsten Physikalischen Meßapparat und
Mikroskop, versorgt die Hauptstadt einen großen Teil Deutschlands. An
zweiter Stelle steht die Möbeltischlerei. Wüsche und Kleidung werden für
die Ausfuhr gearbeitet. Zu diesen Industriezweigen gesellen sich alle Arten
der Kurzwarenfabrikation, der Luxus- und Kunstindustrie. Die Industrie
der Nahrungs- und Genußmittel ist besonders durch Bierbrauerei und
Tabakverarbeitung vertreten; in der Bierindnstrie nimmt Berlin unstreitig
die erste Stelle auf dem Festlandc, ja vielleicht in der ganzen Welt ein.
Unerreicht sind die Verkehrseinrichtungen Berlins. Es hat eine
Stadt- und eine Ringbahn sowie eine Hoch- und Untergrundbahn; außer¬
dem wird der Verkehr im Sommer auf der Spree durch eine stattliche
Anzahl kleiner Dampfer vermittelt. Auch besitzt es das ausgebreitetstc
Telephonnetz unter allen europäischen Großstädten.
Berlin beherrscht den Handel Norddeutschlands. Die ankommenden
Schiffe bringen hauptsächlich Mauersteine, Dachziegel und Tonröhren,
ferner Erde, Lehm, Kies, Holz, Steine und Steinwaren, Steinkohlen,
Zement und Kalk, Roggen und Kartoffeln. Für den Handel mit
Spiritus ist Berlin der Hauptplatz Deutschlands. Eine sehr erhebliche
Ausfuhr findet statt in chemischen Farbwaren, Wollwaren, Möbeln, Näh¬
maschinen, Geldschränken, Lampen, Dampf- und Telegraphenapparaten.
Als Geldmarkt ist Berlin jetzt fast so bedeutend wie London; in
„auswärtigen Werten" schließt man hier die größten Geschäfte ab. Es
gibt viele hundert Bankgeschäfte in der Stadt, von denen einzelne von
höchster Wichtigkeit sind. Hier hat auch die Reichsbank ihren Sitz, deren
Zweiganstalten über ganz Deutschland verbreitet sind.
155. Mheinisch-rvestfäkische Industrie.
a) Der Lebensnerv der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen ist
die Industrie. Sie übertreffen hierin alle anderen preußischen Provinzen und
können sich den bedeutendsten Industrieländern der Erde zur Seite stellen.
In der Rheinprovinz ist die industrielle Tätigkeit am meisten zusammen¬
gedrängt in zwei Bezirken, von denen jeder gleichsam eine große, weite Fabrik