Full text: Lesebuch in Lebensbildern für Schulen (3)

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gehöre, die ihre Verbannungszeit überstanden haben; denn seine Ge¬ 
sichtszüge waren angenehm und milde. „Ich habe Nichts verdienen 
können, ich war fast immer krank", rief er mit einer höchst beweglichen 
Stimme; „ich kann mir England nicht erkaufen und möchte doch so 
gern Weib und Kinder noch einmal sehen in dieser Welt; um Gottes¬ 
willen nehmt mich mit!" Aller Augen waren mit Theilnahme auf den 
Alten gerichtet und es entstand eine erwartungvolle Stille. Da steckte 
ihm mein edler Wirth eine Banknote in die zitternde Hand, aber in 
seiner Herzensangst bemerkte er es nicht sogleich. Endlich fiel sein 
Blick auf die gefüllte Haud, und er sprang auf, um nach dem Schiffe 
hinzustürzen und machte mit einsinkenden Knien immer kürzere Schritte, 
bis er lang hinfiel und nicht wieder aufstand, auch keinen Laut mehr 
vou sich gab. So blieb er auch, als man ihn umwandte, denn die 
Freude hatte ihn getödtet. Er hielt noch immer die Banknote in seiner 
Hand. Ein dabei stehender Geistlicher segnete ihnein, bei dessen feier¬ 
lichen Worten wir Alle weinen mußten; dann nahm er sanft und mit 
Thränen das Blättchen aus der Hand, gab es dem edlen Manne zu¬ 
rück, der dem Greise Erdenseligkeit hatte erkaufen wollen und sprach: 
„Der Himmel wird Euch lohnen, denn dahin habt Ihr ihm die Ueber- 
sahrt bezahlt. Er ist im Vaterlande. Betrübt Euch nicht, daß das 
Werk der Barmherzigkeit nicht gelungen ist; es ist doch Freude im 
Himmel darüber! Wcr Menschen wissen nicht, was wir ernten, nur 
was wir säen; nicht, was wir thun, nur wie wir thun." — Der edle 
Geber nahm die Banknote, legte noch eine dazu und übergab sie dem 
Kapitän für Weib und Kinder des Entschlafenen, der, auf dem Rücken 
liegend, so unbeschreiblich in den blauen Himmel hinauflächelte, als 
lachten ihn sein Weib und alle seine Kinder an, ja selbst der Vater 
oben und die stille Sonne. Leopold Schefer. 
26. Uebersicht der Erde nach den fünf Welttheilen. 
I. 
Das erste, was man beim Gebrauch der Erdkugel wahrnimmt, 
ist dieses, daß der größere Theil unserer Erde mit Wasser bedeckt ist. 
Das Meer nimmt £ , das feste Land £ von der Oberfläche der 
Erde ein. 
Das feste Land auf der Erde zerfällt in zwei große Massen, und 
man durchschneidet deßhalb die Erdkugel gewöhnlich so, daß jede Haupt¬ 
masse eine Halbkugel einnimmt. Die Halbkugel rechts nennt man 
die östliche, die Halbkugel links aber die westliche, weil von unsern 
Gegenden aus jene gegen Morgen und diese gegen Abend liegt. 
Eben daher nennt man auch das feste Land auf der ersten die 
Ostfefte, das auf der zweiten die Westfeste, gewöhnlicher aber Ame- 
rika oder die neue Welt, weil sie erst vor etwa 361 Jahren entdeckt 
worden ist. 
Zwischen den beiden Hauptmassen des festen Landes liegen nun 
die beiden großen Weltmeere; westlich von der Ostfeste liegt das 
atlantische, östlich von derselben das große oder das stille Welt-
	        
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