Full text: Lesebuch in Lebensbildern für Schulen (3)

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Mills. Ei, das wäre! Die hieß? 
Witt. Wenn man ihn manchmal fragte: „Wie steht's, Herr 
Grell? Was haben Sie bei dem Handel gewonnen?" — „Eine 
Kleinigkeit," fing er an. „Ein fünfzig Thälerchen etwa. Was will 
das machen?" — Oder wenn man ihn anredete: „Nun, Herr Grell? 
Sie haben ja auch bei dem Bankrott verloren?" — „Ach was?" 
sagte er wieder. „Es ist der Rede nicht werth. Eine Kleinigkeit von 
ein hunderter fünfe." Er saß in schönen Umständen, der Mann; aber, 
wie gesagt, die einzige verdammte Redensart hob ihn glatt ans dem 
Sattel. Er mußte zum Thor damit hinaus. — Wie viel war es doch, 
Herr Mills, das Er wollte? 
Mills. Ich? ■— ich bat um hundert Reichsthaler, lieber 
Herr Witt. 
Witt. Ja recht! Mein Gedächtniß verläßt mich. — Aber ich 
hatte da noch einen andern Nachbar; das war der Kornhändler Herr 
Tomm. Der baute von einer andern Redensart das ganze, große Haus 
aus mit Hintergebäude und Waarenlager. — Was dünkt Ihm dazu? 
Wills. Ei ums Himmels willen! Die möcht' ich wissen. — 
Die hieß? — 
Witt. Wenn man ihn manchmal fragte: „Wie steht's, Herr 
Tomm? Was haben sie bei dem Handel verdient? — „Ach, viel 
Geld!" — fing er an — „viel Geld!" — Und da sah man, wie ihm 
das Herz im Leibe lachte; — „ganzer hundert Reichsthaler!"— Oder, 
wenn man ihn anredete: „Was' ist Ihnen? warum so mürrisch, Herr 
Tomm?— „Ach,, — sagte er wieder — „ich habe viel Geld verloren, 
viel Geld! Ganzer fünfzig Reichsthaler! — Er hatte klein angefangen, 
der Mann; aber, wie gesagt, das ganze, große Haus baute er hier 
auf, mit Hintergebäude und Waarenlager.— Nun, Herr Wills, welche 
Redensart gefällt Ihm besser? 
Wills. Ei, versteht sich. Die letztere! 
Witt. Aber — so ganz war er mir doch nicht recht, der Herr 
Tomm. Denn er sagte auch: Viel Geld! wenn er den Armen, oder 
der Obrigkeit gab; und da hätt' er nur immer sprechen mögen, wie 
der Herr Grell, mein anderer Nachbar. — Ich, Herr Wills, der ich 
zwischen der doppelten Redensart mitten inne wohnte; ich habe mir 
beide gemerkt. Und da sprech' ich nun nach Zeit und Gelegenheit, bald 
wie der Herr Grell und bald wie der Herr Tomm. 
Wills. Ich halt's mit Herrn Tomm! Das Haus und das 
Waarenlager gefällt mir. 
Witt. Er wollte also? 
Wills. Viel Geld! Viel Geld, lieber Herr Witt! Ganzer hun¬ 
dert Reichsthaler! — 
Witt. Sieht Er, Herr Wills! Es wird schon werden. Das 
war ganz recht. — Wenn man von einem Freunde borgt, so muß mail 
sprechen, wie der Herr Tomm. Und wenn man einem Freunde aus 
der Noth hilft, so muß man sprechen, wie der Herr Grell. 
Engel. 
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