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II. Bilder aus der Länder - und Völkerkunde.
Richtung bei. Unterhalb Ofen und
Pesth, welche durch eine der riesigsten
Kettenbrücken verbunden sind, bildet die
Donau die lange Insel Tschepel. In
der niederungarischen Ebene ist das linke
Ufer das flache, während in der ober¬
ungarischen das rechte das eigentlich
ebene war. Unabsehbar dehnt sich die
Niederung zwischen Donau und Karpa¬
then aus und so wagrecht, daß man auf
eine Entfernung von 60 Meilen keinen
Hügel trifft. Hindurch windet sich die
Theiß, der eigentliche Hanptfluß Un¬
garns, der im Lande entspringt und
auch im Lande, wenn gleich nahe an der
Grenze, mündet. Auf 50 Meilen fließen
Donau und Theiß parallel. Das etwa
12 Meilen breite Gebiet zwischen beiden
Flüssen ist das Land der Pußten. Große
Strecken liegen nackt und öde, selten ein
Gebüsch, noch seltener ein nur zur Re¬
genzeit sich füllendes Rinnsal. Damit
wechseln Moräste, ausgetrocknete Seen,
aber auch große Triften mit schönen
Viehheerden ab. Die Ortschaften liegen
3—4 Meilen auseinander; die Bewoh¬
ner der Pußta sind ein Hirten- und No¬
madenvolk. Hier tummelt sich der Cziko,
der geborne Reiter, auf seinem wilden
Rosse herum, mit dem er so verwachsen
ist, wie der Araber mit seinem Pferde.
Die Drau, schon vor der Theiß ein¬
mündend, gibt dem Laufe der Donau
wieder eine mehr östlicke Richtung
und nachdem noch an der türkischen
Grenze die Sau zugeströmt, verläßt der
Strom, welcher das die verschiedenartigen
Gebiete des österreichischen Kaiserstaates
zu einem Ganzen verknüpfende natürliche
Band bildet, das Ungarland, um nach
dem letzten Durchbruche bei Orsova
durch die walachische Tiefebene in's schwarze
Meer sich zu ergießen. Dieser letzte
Durchbruch ist eine im Ganzen 18 Meilen
lange schreckliche Schlucht, in welcher die
Donau zwischen 2000 Fuß hohen Felsen
auf 900 Fuß Breite eingeengt ist. Die
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Die alten Namen von Provinzen,
oft von großen Ländern herstammend,
welche sich im Laufe der Zeit und der
engste und gefährlichste Stelle ist das
„eiserne Thor", oberhalb Orsova.
In drei Katarakten arbeitet sich der an
der engsten Stelle nur 360 Fuß breite,
dagegen 168 Fuß tiefe Strom durch
den Engpaß. Die untere Donau, vom
eisernen Thore bis zum Meere, strömt
unter unglaublich vielen Spaltungen und
Jnselbildungen in ruhigem, trägem Laufe
durch die walachische Tiefebene, im Sü¬
den von den Bergen der griechisch-tür¬
kischen Halbinsel, im Norden von sum¬
pfigen Niederungen begleitet. Schon hat
sie sich dem Meere auf eine Entfernung
von 8 Meilen genähert, da wird sie
durch einen vor der Küste sich erstrecken¬
den natürlichen Wall, die Dobrudscha,
genöthigt, sich gegen Norden zu wenden
und auf einem Umwege von 30 Meilen
das Meer zu erreichen. Kurz vor der
Mündung vereinigen sich noch zwei be¬
deutende Flüsse mit ihr: Sereth und
Pruth. Ueberhaupt erhält die untere
Donau ihre Hauptzuflüsse von der linken
Seite und steht darin in einem Gegensatz
zur obern Donau, welche ihren meisten
Zuwachs von der rechten Seite empfängt,
indeß die mittlere Donau — von Preß-
burg bis Orsova — auch insofern die
Vermittlung bildet, als ihr von beiden
Seiten gleich namhafte Nebenflüsse zu¬
strömen.
In drei Hauptarmen, welche ein
sumpfiges Delta umschließen, ergießt die
Donau nach einem Laufe von 370 Mei¬
len ihren ungeheuren Wasserreichthum
in's Meer; 8 Meilen stehen die beiden
äußeren Arme auseinander; nur der
mittlere, die Sulinamündung, ist für
größere Seeschiffe fahrbar. Vor den
Donaumündungen liegt ein dreieckiges
Eiland von */4 Stunde Umfang. Es
heißt Schlangeninsel, und mit Recht,
denn es wimmelt da voll schwarzer
Schlangen, und oft sieht man deren
zwanzig in einen Knäuel geballt sich
sonnen.
Ereignisse auf einzelne Distrikte vererb¬
ten, haben immer etwas Anziehendes,
Theures, Anheimelndes. So unser Thü¬