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III. Geschichtsbilder.
kommen, und gab seinem Vetter den
Kuß des Friedens. Mit Freuden sah
dies die Versammlung. Sie schloß daraus,
daß zwischen beiden ein gutes Vernehmen
herrsche, und schritt nun ungesäumt zur
Wahl. Die Fürsten setzten sich, und das
Volk stand rings umher in großer Menge.
Damaliger Sitte gemäß wurde der
Erzbischof von Mainz, Aribo, zuerst
um seine Meinung befragt. Mit vollem
Herzen und freudiger Stimme erklärte
er, daß er den ältern Konrad zu seinem
Herrn und König und zum Regenten
und Beschützer des Vaterlands erwähle.
Dieser Erklärung traten auch die übrigen
Erzbischöfe, Bischöfe und Geistlichen ohne
Bedenken bei. Als nun die Reihe des
Stimmens an die weltlichen Fürsten
kam, trat Konrad der Jüngere erst ein
wenig bei Seite, um sich mit den Loth¬
ringern zu berathschlagen; bald aber
kehrte er auf seinen Platz zurück und
erwählte seinen Vetter mit Wärme zu
seinem König und Herrn. Der ältere
Konrad nahm ihn bei der Hand und
ließ ihn neben sich setzen. Alle übrigen
Fürsten wiederholten dieselbe Erklärung;
das ganze Volk aber stimmte einmüthig
ihnen bei, und die verwittwete Kaiserin
Kunigunde gab die Reichskleinodien, die
ihr verstorbener Gemahl, Heinrich II.,
ihr anvertraut hatte, unverweilt heraus.
111. Das Kaiserthum in sein>
Konrad II. hatte die Kaisermacht
nach Innen und Außen wieder zur Gel¬
tung zu bringen gewußt. Drei Kronen
hatte er auf seinem Haupte vereinigt,
die deutsche, die italienische und die
burgundische; sein Wort gebot vom
Belt bis zur Meerenge von Sicilien,
von der Rhone bis zur Theiß. Er hatte
mit starker Hand die Macht widerstre¬
bender Vasallen gebrochen und den Grenz-
völkern Schrecken vor dem deutschen
Namen beigebracht. Sollte der hohe
Plan, den er mit eiserner Beharrlichkeit
zu verwirklichen gestrebt, kein vergeb¬
licher sein, so mußte ihm in der höchsten
Würde des Reiches ein Mann nach¬
folgen, welcher befähigt war, das müh¬
sam begonnene Werk weiter zu führen
Hierauf wurde Konrad der Aeltere,
nun der Z w e i t e genannt, nach Mainz
geführt, und daselbst gekrönt und gesalbt.
Bei dieser Feierlichkeit hielt der schon
genannte Erzbischof von Mainz, Aribo,
eine herzliche Rede, die als ein Zeichen
deutscher Biederkeit nicht unbemerkt blei¬
ben darf. Den König an die Erfüllung
seiner neuen Pflichten mahnend, sprach
er unter andern: „Von so Vielem, was
Gott von dir fordert, ist das wichtigste,
daß du Gerechtigkeit und Frieden hand¬
habest; daß du ein Beschützer seist der
Kirchen und Geistlichen, ein Helfer der
Wittwen und Waisen. So wird dein
Thron befestiget werden auf immerdar.
Und nun Herr König bittet dich die
heilige Kirche mit mir um Gnade für
alle, die dich bisher beleidigt haben.
Mögest du allen verzeihen um der Liebe
Gottes willen, die dich heute zu einem
andern Manne macht, und dich hier
auf Erden an ihre Stelle setzt, und so
wie du wünschest, daß dir Gott alle
deine Sünden verzeihen möge." Der
König ward bewegt; er seufzte tief und
vergoß Thränen. Da nun auch die
Bischöfe und Herzoge sammt dem gan¬
zen Volke in ihn drangen, so verzieh
er allen, die ihn seither beleidigt hatten.
Diese Großmuth rührte die Anwesen¬
den: sie weinten vor Freuden.
Machifülle unter Heinrich III.
und zu befestigen. Darum hatte Konrad
inmitten aller Kämpfe dafür Sorge ge¬
tragen, daß seinem Sohne Heinrich
eine in jeder Hinsicht vortreffliche Er¬
ziehung gegeben würde; und der gelehrte
Bischof Bruno von Augsburg war es,
welcher diese Aufgabe mit dem segens¬
reichsten Erfolge löste.
Schon in seinem äußeren Erscheinen
verrieth Heinrich die königliche Hoheit.
Um Haupteslänge über Andere aufra¬
gend, war er eine kräftige Gestalt. Die
breite Stirne deutete auf den hohen
Geist, welcher in ihm lebte, die schön
geformte Adlernase verkündete den krie¬
gerischen Muth, das durchdringende
dunkle Auge die Kraft seines Willens
und auf dem ganzen Antlitz lag der