Full text: Deutsches Lesebuch für Mittelschulen

II. 
Mder aus der Länder- und Völkerkunde. 
Bayern. 
35. Bayerns 
I. 
Nicht mit Unrecht dürfen wir mit dem 
Dichter unser engeres Vaterland Deutsch¬ 
lands Herz nennen, selbst wenn wir die 
Bezeichnung nur äußerlich, nur nach 
der geographischen Lage auffassen; denn 
nahezu in der Mitte des Gesammtge- 
bietes deutscher Nation breitet sich unser 
schönes Bayerland aus, und das diesem 
angehörige Fichtelgebirge, wie es seine 
Gewässer nach den vier Himmelsgegen¬ 
den entsendet und die Hauptwafferscheide 
bildet zwischen Donau einerseits und 
Elbe und Rhein andererseits, mithin 
zwischen dem südostdeutschen Gebiete des 
schwarzen Meeres und dem nordwest¬ 
deutschen der Nordsee, mag als gewal¬ 
tiger Markstein betrachtet werden, an 
dem sowohl der Süden und Norden, 
als der Osten und Westen Deutschlands 
zusammenstoßen. 
Vom Fichtelgebirge an gegen Süden, 
umgränzt vom Böhmerwald, Jura und 
Alpen, erstrecken sich zu beiden Seiten 
der Donau die uraltbayerischen mit den 
schwäbischen Gauen; vom Fichtelgebirge 
bis zum Speffart und Odenwald, durch- 
strömmt vom Main, die fränkisch-bayeri¬ 
schen Gebiete; die erstem, mit der Haupt- 
Land und Volk. 
„Weißt du, wo gleich Paradiesen 
Ein deutscher Gau entgegen lacht? 
Der Berge schön gekrönte Riesen, 
Der See'n wechselvolle Pracht? 
Wo stolze Ströme sich ergießen 
Durch reiche Fluren weltmeerwärts? 
Wo tausend Bäche lieblich fließen? — 
Sieh, das ist Bayern, Deutschlands Herz!" 
abdachung nach Osten, zum Gebiete des 
schwarzen Meeres, die letzteren, mit der 
Hauptabdachung nach Westen, zum Ge¬ 
biete der Nordsee gehörend. Die Was¬ 
serscheide zwischen beiden, der Franken¬ 
jura, ist auch die Grenzlinie zwischen 
den deutschen Volksstämmen der Bayern 
und Schwaben einerseits und der Fran¬ 
ken andererseits. 
Ein von dem Hauptlande getrenntes 
Gebiet, die Rheinpfalz, breitet sich, durch¬ 
zogen vom Hardtgebirge, am linken 
Rheinufer aus. 
Kaum eilt anderes Land bietet in 
dieser Ausdehnung und Größe einen so 
reichen Wechsel der Natur, eine solche 
Fülle der verschiedensten Produkte, ein 
so manchfach. geartetes Volksleben, als 
unser Bayerland. Nicht bloß im All¬ 
gemeinen weist Bayern den Gegensatz 
von Gebirgsland und Ebene auf; nein, 
die ganze Stufenleiter der Bodenplastik, 
vom eis- und schneeumstarrten Hochge- 
birg bis hinab zum welligen Hügelland, 
von der rauhen Hochfläche bis zur mil¬ 
den Tiefebene finden wir hier vertreten. 
Dort erblicken wir das Hochgebirge 
der Alpen mit seinen majestätischen Berg¬ 
riesen, seinen schimmernden Schneefeldern, 
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