fullscreen: Deutsches Lesebuch (Theil 2)

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kaiserliche Gewalt. Er schickte ihnen Landvögte, die gegen 
die Gewohnheit unter ihnen wohnten, und doch nicht aus 
ihrem Lande stammten; diese herrschten, gewiß nach des 
Kaisers Willen, mit großer Strenge, rügten jedes Versehen, 
und übten argen, nie gehörten Druck über die Städte aus. 
Vorzüglich zeichnete sich darin Herr mann Geßler und 
Veringer von Landenberg aus. Jener wohnte im 
Lande Uri nahe bei der Stadt Altorf, wo er sich eine Burg 
erbauen ließ, die er Zwing-Uri nannte, weil er von da 
herab das Land in Gehorsam zu halten trachtete. Dieser 
bewohnte die Burg Sarnen. Der Unwille der Bewohner 
dieses Landes äußerte sich erst nur im Stillen, und zunächst 
traten nur drei Männer zusammen, um ihr Vaterland von 
diesem Drucke zu befreien: Werner Stauffacher, ein 
wohlhabender Landmann aus Schwiz, über dessen neuerbau¬ 
tes schönes Haus sich Geßler geäußert hatte, daß es dem 
Bauer nicht zieme, also zu wohnen. Arnold von Melch- 
thal aus Unterwalden, der vor der Rache Landenbergs, 
der er sich widersetzt, hatte fliehen müssen, und Walther 
Fürst aus Uri. Diese drei Männer suchten aus ihrer Be¬ 
kanntschaft jeder noch zehn sichere und verschwiegene Leute aus, 
und alle 33 versammelten sich an einem auf dem Gebirge 
einsam und abgelegen liegenden Orte, das Rütli. Hier 
schlossen sie, im Namen der drei Lande, einen Bund zur 
Vertreibllng der Tyrannen und Wiederherstellung ihrer alten 
Rechte und Freiheiten; dabei gelobten sie, wo möglich, kein 
Blut zu vergießen, und auch dem Grafen von Habsburg an 
seinem Eigenthume und Gute keinen Schaden zuzufügen, da¬ 
mit sie sich nicht gleicher Ungerechtigkeit schuldig machten, wie 
ihre Gegner gegen sie bewiesen. 
Ehe aber der Bund begann sich thätig zu zeigen, 
wurde Geßler von Wilhelm Tell, einem Landmann aus 
Bürgten, nicht weit von Altorf, ein als Bogenschütze und 
kühner Steuerer auf dem oft gefahrbringenden Vierwald¬ 
städtersee bekannter Mann, erschossen. Geßler hatte nämlich 
im Flecken Altorf einen Hut auf einer Stange, als Zeichen 
der Herrschaft, aufrichten lassen, und verlangte, daß jeder 
Vorübergehende davor das Haupt entblöße. Dieß verwei¬ 
gerte Tell, und dafür wurde er von dem gerade anwesenden 
Landvogt vcrurtheilt, in einer gewissen Entfernung einen 
Apfel von seines Sohnes Haupt zu schießen. Der fürchter¬ 
liche Schuß gelang, doch gestand Tell dem Landvogt unvec-
	        
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