42 3. Das Deutsche Reich.
Weise den Gedanken des römischen Weltreiches mit dem Deutschtum
seines herrschers verbinden und den Schutz der abendländischen Kirche
als seine höchste Aufgabe betrachten sollte. Seitdem ging die Sehnsucht
der deutschen Kaiser und Könige südwärts, nach der hauptstadt der
Welt, während die Päpste als die irdischen Stellvertreter Gottes auch
nach der weltlichen Oberherrschaft auf Erden strebten. Die Ablenkung
deutschen politischen Strebens nach außen und die Kämpfe mit dem
Papsttum, sich fortsetzend in der Glaubensspaltung durch die Kefor—
mation, sind die schon mit der Begründung dieses Reiches gegebenen
Ursachen, die das heilige Römische Reich Deutscher Nation seinem Unter—
gange entgegenführten. Jahrhunderte hindurch ziehen nun Könige und
Kaiser, die Ottonen, die Salier, die Staufen wieder und wieder über
die Alpen; in Sieg und Niederlage wird dadurch gleichermaßen die
politische Macht des Reiches geschädigt, wenngleich der große kulturelle
Gewinn nicht zu verkennen ist, der dem Deutschtum aus der fortdauern—
den Berührung mit der höheren italienischen Bildung erwuchs. Schwach
ist das nationale Bewußtsein, wenn auch an die Persönlichkeit eines
Friedrich II. (an dessen Stelle dann Friedrich Rotbart tritt) die still
fortlebende nationale Sehnsucht in sagenhafter Verklärung ihre weh—
mütig rührenden hoffnungen anknüpft. Während der Kreuzzüge aber
schwingt sich, durch die richtige Erfassung und Leitung der Zeitströmung,
durch die Verbindung des abenteuerlichen Tatendranges mit der re—
ligiösen Idee, das Papsttum zum mächtigen Führer der Fürsten und
Völker empor.
Doch während Kaiser und Päpste um die herrschaft ringen und die
Landesfürsten nur nach ihrem nächsten Vorteil streben — durch die
Goldene Bulle (1356) wird die ausschlaggebende Macht der sieben Kur—
fürsten begründet — vollzieht sich im Osten und Norden eine groß—
artige kolonisatorische und wirtschaftliche Entfaltung und Ausbreitung
des Deutschtums: sie wird früh angebahnt durch die Tätigkeit der Klöster
und Mönche, gefestigt durch eine immer steigende Einwanderung süd—
und mitteldeutscher Bauern nach den Ländern jenseits der Elbe. Im
13. und 14. Jahrhundert begründet der deutsche Ritterorden sein mäch—
tiges Reich, das weit ins Weichselgebiet und bis an die Ostsee hinaus
greift, zu gleicher Zeit erobert im Bunde der hansa die Betriebsamkeit
deutschen Bürgersinns den gesamten nordischen handel, blühende deutsche
Niederlassungen gründend von London bis Nischni-Nowgorod. Dieser