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mögen, in welchen er seinen Mehl- und Käsevorrath ver¬
wahrt. Auf einer anderen Seite der Hütte ist aus Pfählen
eine Art Hürde gemacht, in welcher die Nennthiere zweimal
des Tages gemolken werden. Die Hunde und Hirten treiben
die Heerde herbei und die schönen Thiere mit den klugen,
milden Augen bilden einen Wald von Geweihen. Die Kälber
umringen die Mütter; die jungen Thiere versuchen spielend
und stoßend ihre Kraft und unaufhörlich hört man ein selt¬
sames Knistern, das aus dem Knacken der Kniegelenke des
Nennthiers entsteht. Beim Melken wird jedem Thiere eine
Schlinge übergeworfen, damit es still stehe, und diesen Zü¬
gelriemen gebrauchen die Lappen mit bewunderungswürdiger
Geschicklichkeit. Das Rennthier gibt wenig Milch; aber sie
ist fetter, als jede andere, und außerordentlich nahrhaft. Jedes
Mitglied der Familie bekommt seine Portion; ein anderer
Theil wird zu der täglichen Suppe verwendet, welche mit
Mehl oder auch mit Rennthierblut oder Fleisch gemischt, eine
wohlschmeckende, stärkende Speise gewährt. Der Nest der
Milch wird zu Käse gemacht. Im Winter läßt man die
Milch wohl auch gefrieren, so daß man sie in Tafeln schnei¬
den kann. Sie verliert dadurch nichts an ihrer süßen Frische
und ist namentlich auf Reisen ein sehr dienliches Nahrungs¬
mittel. Fleisch und Milch des Nennthieres ist überhaupt die
wichtigste Nahrung des Lappen, und nur durch die Kräftig¬
keit derselben wird es ihm möglich, den furchtbaren Winter
zu überstehen.
Das Nennthier ist ausgewachsen so groß als ein starker
Hirsch, und ein solches Thier kostet bei den Lappen 3 Thaler.
Braten und Keule schmecken wie Hirschbraten; das Fleisch ist
aber röther, weicher und saftiger. Die Keulen werden auch ge^
räuchert und als Nennthierschinken weit versandt.
St. Hubertus.
Hubertus ritt mit Speer und Hund, zu jagen Hirsch und Reh,
Die Wälder aus, die Wälder ein, zum spiegelhellen See.
Da schallt so laut das stille Thal von Ruf und Hörnerklang,
Jetzt springt, gehetzt, der weiße Hirsch vom hohen Felsenhang.