Full text: Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen

85 
in die vielen Tempel und Kirchen und Kapellen, und sollen 
da miteinander anbeten den dreieinigen Gott, den Vater, den 
Sohn und den heiligen Geist. Und die Orgel braust in ge¬ 
waltigen Tönen, der Gesang strömt mächtig empor durch die 
Mauern hindurch, und zahllose Menschen erheben ihre Herzen 
zum Herrn und hören sein kostbares Wort; st'e knieen nieder 
und falten die Hände vor ihrem Heilande, der auf den Altären 
unter den Gestalten des Brodes und Weines gegenwärtig ist, 
und sich aufs Neue seinem himmlischen Vater für die Sünden 
der Welt zum Opfer darbringt. Sie danken, bereuen, bitten, 
versprechen und beten an, und der Name des Herrn wird ge¬ 
heiligt, wie im Himmel also auch auf Erden. 
93. Surstim corda! 
Heb' den Blick vom Erdentande, 
Von dem öden Schattenlande, 
Von dem Kerker voller Bande, 
Von dem Kirchhof voller Leichen, 
Wo die Blumen blüh'n und blei¬ 
chen. 
Wo die Menschen Blumen gleichen. 
Heb' den Blick zu Himmelshöhen, 
Wo nicht Sonnen untergehen. 
Wo nicht Ketten sind zu sehen. 
Wo nicht Nordens Stürme wehen. 
Wo nicht Gräberhügel stehen; 
Heb' den Blick zu Himmelshöhen! 
Schüttle von der Hand die Erde, 
Daß sie nicht besudelt werde, 
Erdengift sie nicht gefährde; 
Laß sie nicht in Fesseln binden. 
Müh' dich nicht, um Staub zu 
finden, 
Spiel und Raub von leisen 
Winden. 
Körnchen Gold im Meer von 
Sande 
Findest du im Erdenlande; 
Blumen blüh'n an Wasiers Rande; 
Bei dem Geier sitzt die Taube, 
Ros' und Dorn am selben Laube, 
Bei dem Schlehdorn wächst die 
Traube. 
Himmelan kehr' deine Hände, 
Wie zum Licht die Sonnenwende, 
Dorther kommt des Höchsten 
Spende; 
Hände, die zum Himmel langen. 
Wo die Bäum' voll Früchte hangen. 
Finden, was sie heiß verlangen. 
Wie die Flamm' der Opferkerzen 
Steigen himmelan die Herzen! 
Oben ruhen ihre Schmerzen, 
Wo sie nicht mehr bange schlagen. 
Wo sie nicht mehr Wunden tragen. 
Wo nicht Würmer sie benagen. 
Oben nur die Bäche guillen. 
Die den Durst der Sehnsucht 
stillen. 
Die des Herzens Leere füllen. 
In dem Hafen ruht beschirmet 
Unser Schiff, hier stets bestürmet. 
Wo sich Well' auf Welle thür- 
met. 
Aufwärts muß die Seele schwe¬ 
ben. 
Nicht am Staube darf sie kleben. 
Wo ihr Schatz ist, muß sie leben. 
Aufwärts muß die Seele schauen, 
Ihre Zelte muß sie bauen 
In den ewig grünen Auen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.