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Ernst.
O glaub' ihr nicht! sie neckt uns nur; denn
das ist nimmer wahr.
Annette.
Wenn ihr es wörtlich nehmt, so möcht' es sein.
Allein, es ist ein Wesen, wie wir selber
sind. — Kein Stein.
E m m a.
Ein Neger denn! o schön! noch sah ich le¬
bend keinen!
Ernst (höhnend).
Ein herrlicher Juwel — ein Neger —
sollt' ich meinen!
Annette.
Ich sehe, ihr errathet's nicht. Gebt euch
zur Ruh !
Ich will es lieber sagen. (Zu Ernst.) Ein
Knabe ist's wie du.
Ernst (zu Emma).
Da hörst du's nun! welch' Lärmen, welch'
Geschrei
Um-
Annette.
Um einen Knaben, meinst du selber, sei
Das nicht sehr nöthig. — Doch, was die¬
ses Kind
Dem Oheim wurde — wie es zu ihm kam,
das sind
Fast Wunderdinge. —Hatte er's nicht selbst
erzählt,
Ich glaubt' es nicht. — Eh' Oheim wegging,
war er, wie ihr wißt, vermahlt;
Sein Söhnchen Hurlei — — aber nein
Ihr wißt das nicht — da war't ihr noch
zu klein.
Emma.
Allein der Vater svrach ja oft davon;
Des Oheims Gattinn starb, und auch sein
einz'ger Sohn.
Ernst.
Ja und aus purem, purem Herzeleide
Verließ er uns und Alles; ging in's Weite.
Annette.
So war's. Er wollte nach Amerika.
Dort hofft' er seine tiefen Schmerzen
Zu heilen —
Emma.
Ach, die gehen ja
Man sagt's, all überall mit einem treuen
Herzen!
Annette.
Gewiß! Doch hört! Einst in der Lüneburger
Haide
Hat, in dem schlechten Gasthof, den man
fand,
Des Oheims Zimmer eine dünne Bretter¬
wand;
Ihn stört das nicht. Mit seinem Schmerze
zu vertraut,
Klagt er, wie er sich angewöhnt,
Der stillen Nacht ihn, und den Wanden
laut.
Da rauscht es an der Bretterwand. Es
dröhnet
Die Thür darinn, die er vorher nicht sah —
Und denkt —! ein alter Jude schreitet
feierlich
Daraus hervor und naht dem Oheim sich.
— „ Herr, stillet euren Schmerz — die
Hülfe ist euch nah.
Jehovah hörte euren Jammer;
Eh' morgen ihr dies Haus verlaßt,
Thut einen Blick in jene Nebenkammer." —
Der Oheim rafft sich auf; — weg ist der
nacht'ge Gast.
Ernst.
Verschwunden? >— war's ein Geist? mir
graut!
E m m a.
Mich überlaust's mit einer Gansehaut.
Annette.
Der Oheim tappt herum, im nächtlich dun¬
keln Raum,
Er findet keine Thür — halt Alles bald
für Traum.
Der Morgen dämmert endlich. Da im Ne¬
benzimmer
Vernimmt der Oheim Worte. — Ein Ge¬
wimmer :
„Wo bist du, böser Mann? Ach komm herein!
„Nun läßt du gar mich armesKind allein!"—
Ein Kinderstimmchen sprach's. — DerOheim
horcht betroffen —
Es steht umher — entdeckt die Thüre in der
Wand — und sie steht offen
Nun merkt er wohl — noch glaubt er's
kaum, —
Was ihm des Nachts geschah, es war kein
Traum.