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spiele in Kirchen und Klöstern und von Geistlichen aufgeführt, oft enthielten sie
derbe Satyren gegen die Fehler des Zeitalters, z. B. die 5 klugen und 5 thö¬
richten Jungfrauen, der Kindermord zu Bethlehelm, Abraham und Jsaac. Aber
auch viele Lächerlichkeiten, so eraminirt Gott, in der „Comödie die ungleichen Kin¬
der Eva's" diese Kinder und läßt sie die fünf Hauptstücke des lutherischen
Katechismus aufsagen. In katholischen Landern wurden noch in neuerer Zeit ähn¬
liche Schauspiele aufgeführt.
Die ersten weltlichen Comödien waren sogenannte Fastnachtsspiele, von wel¬
chen sich die ersten sichern Nachrichten im 15. Jahrhundert auffinden, welche wahr¬
scheinlich aus den Fastnachts-Mummereien entstanden, wobei Jeder in seiner Ver¬
kleidung eine Unterredung hielt; sie waren aber von keinem bessern Gehalte, als
die geistlichen Schauspiele. Der erste bekannte Verfasser war Hans Schnepper,
genannt Rosenblüth, welcher seit 1450 in Nürnberg sechs Fastnachtsspiele geschrie¬
ben hat. Eine große Zahl, unter ihnen 52 geistliche, verfaßte Hans Sachs, geb.
1494 in Nürnberg. Hier und in Augsburg, zweien blühenden Städten, war die
Hauptpflanzstadt der Comödie. Das erste Singspiel (Oper) Daphne, gab 1S27 der
berühmte Martin Opitz heraus. Erst im 18. Jahrhundert trat in den Schau¬
spielen eine wesentliche Verbesserung ein. Früher gab es weder Schauspieler¬
gesellschaften, noch Schauspielhäuser. Man benutzte Kirchen, Klöster oder-
öffentliche Plätze. Dekorationen und Garderobe waren in schlechten Umstanden,
man behalf sich z. B. mit papiernen Manschetten und besetzte die Kleider mit Gold¬
papier statt mit Tressen. Doch muß bei manchen Gelegenheiten der Aufwand
groß gewesen sein, weil man 1541 für eine einzige Loge in Paris während
der Fastenzeit fünfzig Thaler bezahlte. Nach Flöget, Weiße, u. a.
21. Die sogenannte Butterwoche, die großen Fasten und das
Osterfest bei den Nüssen.
Das größte russische Volksfest ist die Maslinitza, die Butterwoche. Weih¬
nacht ist eine stille Feier, und hat schon durch die Volkssage, daß das
Reich der Geister dann losgegeben sei, etwas Schauerliches. Das Neujahrsfest
ist eigentlich ein Hoffest, und wird nur großartig in Petersburg gefeiert.
Aber die Maslinitza ist noch ein echtes Volksfest, und ist zugleich auf sieben lange
Wochen die Abschiedsfeier von jedem Genusse an Fleisch, Butter, Milch und
Eiern.
In der Zeit der Maslinitza wird der Backofen nicht kalt, der Kessel aus dem
Heerde nicht leer; die sorgsame Hausfrau hat zu dieser Zeit schon lange vorher
ihre Vorräthe von Weizenmehl, Butter, Honig, Eiern und Fischen eingekauft,
der Hausherr öffnet den Geldschrein und besorgt die Getränke und Näsche¬
reien, und die Thür des Hauses ist gastlich Bekannten und Unbekannten ge¬
öffnet. Doch nur altere Leute findet man daheim; Alles, was sich noch re¬
gen und bewegen kann, eilt der Newa zu. Dort erheben sich die hohen
Rutscheisberge, von einem Kranze hölzerner Buden umgeben, in welchen Gaukler,
Seiltänzer, Taschenspieler rc. ihr lustiges Wesen treiben; um diese randet sich
wiederum eine förmliche Straße von mächtigen Buden (Mattensäcke) und
Fässern, in welchen sich Pfefferkuchen, Nüsse, Rosinen und Korinthen befinden.
Der Russe liebt sehr dergleichen Süßigkeiten; sie fehlen auf dem Nachtische der
Wohlhabenden nie und ersetzen ihnen das theure Obst. Es ist ein eigener Anblick,
einen würdigen, langbärtigen Russen mit innigem Behagen eine Rosine oder ein
Stückchen Kandiszucker nutschen zu sehe».