Full text: Für die dritte Bildungsstufe (Theil 3)

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Katharinenkanal ganze Flotten von Fahrzeugen, die mit dieser gebrechlichen Waare 
beladen sind. Die ganze Generation, die sich auf den Straßen freudetrunken be¬ 
wegt, schalt und ißt Eier. Kein echter Russe naht dem andern, ohne ihm mit dem 
Friedenskusse und dem üblichen Spruche: „Christus ist erstanden!" nicht auch ein 
gefärbtes Ei zu überreichen. An allen Straßenecken stehen große Körbe mit sol¬ 
chen Eiern zum Verkauf aufgestellt. Die gewöhnlichsten sind dunkelroth gefärbt, 
dann kommen die mit Zwiebelschale gefärbten. Das sind die Eier des gemeinen 
Mannes, die er nach dem Empfange gewöhnlich sogleich verspeist. Nun steigert 
sich aber der Lurus dieses Geschenks nach dem Reichthums des Gebers und nach 
dem Stande des Empfängers. Man nimmt möglich starke Gänseeier, macht oben 
und unten in dieselben zwei Löcher, bläst durch diese das Eiweiß und Eigelb heraus, 
zieht ein seidenes Band hindurch und bemalt oder beklebt die Schale mit Heiligen¬ 
bildern, und verziert sie noch mit Flittergold. Diese Geschenke werden sorgsam 
aufbewahrt und hängen als Schmuck in den Zimmern. Nun kommen die künst¬ 
lichen Eier, oft mit einem theuern, werthvollen Inhalte. Man fertigt sie von 
Zucker, Glas, Porzellan, Elfenbein, Mammuthsknochen rc. Sie sind in der Mitte 
zu öffnen, und darin befindet sich das eigentliche Festgeschenk: ein kleines silbernes 
Besteck, goldener Schmuck, Juwelenringe und dergleichen; manche enthalten wieder 
scherzhafte Ueberraschungen: eine Schlange schnellt aus dem Ei hervor, sobald man 
es öffnet; aus einem andern steigt ein kleiner Luftballon zu der Decke des Zimmers 
empor, in dessen Gondel ein niedlicher Amor sich schaukelt. Eine junge Dame 
bekam einst ein Ei von milchweißem, halb durchsichtigem Glase von einem jungen 
Manne geschenkt. Von außen betrachtet, schienen sich in demselbem kleine Kränze 
von Vergißmeinnicht zu befinden. Als sie aber das Geschenk öffnete, lag in dem 
untern Theile eine blühende Rose, in deren Kelche sich ein kleiner Hohlspiegel be¬ 
fand, der hell und klar das freundliche Antlitz der Ueberraschten wiedergab. 
Das größte Kunstwerk dieser Art war von Elfenbein gearbeitet und ungefähr 
von der Größe eines Gänseeis. Wenn man es öffnete, blieb der obere Theil mit 
dem untern durch drei kleine goldene Säulchen verbunden. In dem untern Theile 
befand sich das Grab des Erlösers; die Engel hielten an demselben die Wache. 
Leise erklang nun die Melodie des Kirchengesangs: „Christus ist erstanden." Das 
Grab öffnete sich, der Erlöser hob sich aus demselben empor und schwebte zu den 
Himmelshöhen des obern Theils hinauf, aus dem kleine Engelein sich ihm entgegen- 
senkten. Mit den letzten Klängen des frommen Auferstehungsliedes schloß sich das 
Ei von selbst wieder. Müller. 
22. Konstantinopel und die Türken. 
Die „Stadt Konstantins" des Großen, erbaut auf der Stelle des alten Byzanz, 
hat eine wundervolle Lage auf der europäischen Seite des schlangenartigen Bosporus, 
der oft nur in einer Breite von kaum % deutsche Meile zwei Meere verbindet und 
zwei Welttheile trennt. Zwei von den 18 Vorstädten, Skutari und Chalcedon, 
liegen gegenüber auf asiatischem Boden. Das Ganze umfaßt 5 deutsche Meilen. 
Beide Ufer wetteifern an Fruchtbarkeit des Bodens und Schönheit der Thäler, 
Hügel und Berge; daher die Stadt auch von den Türken Stambul, d. h. Diamant 
der Welt genannt wird. Von dem in sieben Hügeln gespaltenen Vorgebirge, einem 
Ausläufer des Balkan, blickt man gegen Osten auf den Bosporus und das schwarze 
Meer und gegen Süden auf das Marmormeer (?roxontis) und dessen Abfluß, den 
Hellespont. So viel jedoch auch die Natur für die Stadt gethan hat, so glanzend 
auch ihr Anblick vom Hafen aus durch ihre Paläste, ihre 485 Moscheen, durch die 
vergoldeten Minarets, die hohen Wipfel der Cypressenbäume und den Wald von
	        
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