Full text: Für die dritte Bildungsstufe (Theil 3)

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an einigen Orten strenge Maßregeln gegen die Neger die öffentliche Sicherheit 
wahren. 
Was nun die persönliche Freiheit in den vereinigten Staaten betrifft, so sann 
freilich in den Urwäldern ein Jeder so ziemlich nach seinem Hange verfahren; hat 
aber, sobald er in den westlichen Gegenden wohnt, wo den Gesetzen, trotz der Ge¬ 
richtshöfe in den einzelnen Grafschaften noch nicht hinreichende Geltung verschafft 
worden, selbst noch mitunter in geordneten Staaten, wie New-Uork, von derVolks- 
willkühr zu leiden, indem oft eineÄnzahl Nachbarn sich vereinigen, lind einen Mißliebi¬ 
gen oder wirklichen Verbrecher ohne viele Umstande hinrichten, vertreiben oder durch 
Antheeren und Jn-Federn-Umkehren, ihre Rache an ihm kühlen. Die Rechtspflege und 
das Gefängnißwesen leiden aber auch in den Städten an manchen Gebrechen. New- 
Uork ist sicher der civilistrteste Staat der Union; aber auch hier werden in den 
Untersuchungsgefängnissen (Balte os Justice, vom Volke Tombs, Grabgewölbe 
genannt) Zeugen und Angeklagte wegen leichter Vergehen zu 2—6 Personen in be¬ 
engte Räume eingesperrt und können im Lande der Freiheit drei Monate lang in 
unliebsamer Gesellschaft sitzen und ihre Gesundheit untergraben, wenn kein bemittel¬ 
ter Bürger für sie Bürgschaft stellt. Ein deutscher Arzt, erzählt Silas, von ange¬ 
sehener Familie wird Abends beim Nachhausegehen unwohl; der Polizeimann, wel¬ 
cher kein Deutsch versteht, (obgleich i der Bevölkerung Deutsche sind, während in 
Petersburg, wo sie nur der Bevölkerung ausmachen, stets eine entsprechende Zahl 
deutschredender Polizeileute angestellt werden) hält ihn für betrunken, und bringt 
ihn ins Gefängniß, wo er, weil er den Weisungen des Polizeimannes nicht sogleich 
gefolgt, lange hätte sitzen können, wenn sich die Seinigen nicht seiner angenommen» 
hätten. Es ist bekannt, daß in der ganzen Union die Fremden, besonders die 
Deutschen, für jedes Vergehen strenge bestraft werden, während man den Englisch- 
redenden möglichst durchhilft (weil die Mehrzahl der Geschwornen und Richter keine 
Deutschen sind), und daß die Schuld von Verbrechen häufig auf die Fremden gescho¬ 
ben wird, von denen freilich gar viele nicht wegen ihrer Tugenden oder ihres Wohl¬ 
standes nach Amerika gehen. 
Das vielgerühmte Schweigsyftem der amerikanischen Gefängnisse, wo die Ge¬ 
fangenen in einsamer Zelle abgesperrt, oder, wenn sie auch bei Tage in ge¬ 
meinschaftlichen Räumen arbeiten und nur Nachts abgesondert sind, schweigen 
müssen, leitet derselbe Beurtheiler aus dem Geize und der Strafsucht der 
Nord-Amerikaner ab, welche mehr jüdischen Straftheorien, als christlich-humanen 
Grundsätzen folgen, und allerdings muß es ein Bedenken erregen und Uebertreibung 
fürchten lassen, wenn in den Gefängnissen unter einer gleichen Zahl von Menschen 
zwischen 15 und 60 Jahren 289 Todte (Neger sogar 777) und außerhalb derselben 
nur 147 (Neger: 289) sich befinden; wenn in dem Philadelphia-Gefängniß in 
10 Jahren 109 Gefangene wahnsinnig werden, d. h. aus 1000 Köpfe 26^, während 
außerhalb nur ein Fall dieser Art vorkommt. 
Der Staatshaushalt der Union scheint im Verhältniß mit europäischen Staa¬ 
ten allerdings weniger Kosten zu verursachen und die Besteuerung ist gering. Die 
Gehalte der obrigkeitlichen Personen und Beamten sind mäßig; das hat aber seinen 
natürlichen Grund in der günstigen Lage des Staates. Der Ertrag der ungeheu¬ 
ren Ländereien, welche es jährlich an Einwanderer verkauft, wovon ein bestimmter 
Theil in die Unions-Kasse fließt, von gefährlichen Nachbaren durch den Ocean ge¬ 
trennt, folglich nicht in die Nothwendigkeit verletzt, durch ein großes, stehendes 
Heer und kostspielige Kriege die Finanzen zu zerrütten: haben bis jetzt noch die 
Ausgaben geringe gemacht und lassen sie auch darum geringer erscheinen, weil man 
oft die Congreß-Ausgaben allein in Betracht zieht und die Kosten der Einzelregierun¬ 
gen nicht in Anschlag bringt. Die Unions-Regierung hat freilich nicht bedeutende
	        
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