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Rhodos hatten vom alten Glück noch den herrlichen Boden, dessen kein Tyrann sie
berauben konnte, und Wollüste, deren Genuß das Höhere ihnen vergessen machte.
Noch erkannte man in großen Ruinen, was Knidos, was Halikarnaffos gewesen.
Joniens und Aeoliens Städte zeichneten sich durch Werke alter Kunst, große Be¬
völkerung und den Handel der innern Lande aus: nur die Kraft fehlte, den
einbrechenden Barbaren zu widerstehen; durch sie fiel im dritten Jahrhundert der
weltberühmte Dianatempel von Ephesus, durch sie viele Städte, die sich nie aus
den Ruinen erhoben. Nicäa war regelmäßig, schön und groß; herrliche Neste des
Glanzes Cyzikus. Nikomedien, Diokletians Residenz, erhob sich zum Range der
prächtigsten Städte. Ganz Phrygien führte seine Produkte nach Kion. Ungemein
blühete die von dem großen Alexander, unfern des Dorfs, wo Troja stand, erbaute
Alerandria; denn fruchtbar war die Ebene, in der Nähe der waldichte Ida, die
Lage an der See in jeder Rücksicht so, daß sie mit Byzanz wetteifern mochte; hier
wurden die Stürme der Meerenge dem aus Abendland Kommenden erspart;
es waren Inseln in der Nähe, die Gärten werden konnten. Sarden, Ancyra,
Cäsaren, Sinope, Amisus, waren reiche und große Hauptstädte blühender Provin¬
zen. In dem (so hieß es) ausgebrannten Phrygien grünte kein Baum, aber vor¬
treffliche Weingärten. Die Paphlagonier, die Cappadocier, der Pontus, lieferten
ausgezeichnet gute Kriegsmänner; Galatien Soldaten und Brot; Kappadocien
Pferde; Kleidung beide; und Kleinarmenien vorzügliche Schützen. Die Größe
und Herrlichkeit so vieler unweit entlegenen Städte erregt Bewunderung dessen,
was Kleinasien sein kann.
Die Fahrt im schwarzen Meere erforderte eigne dazu gebaute Schiffe und
große Kenntniß der vielen Untiefen und verborgenen Klippen; diese See war im¬
mer stürmisch, und häufig schwer mit Nebeln bedeckt, mit sicheren Rheden wenig
versehen. Schon war nicht leicht an dem unwirthbaren Salmydessos zu landen,
so sehr hatte die Donau die sieben Mündungen versandet; schon konnten große
Schiffe nicht mehr zu Sinope einlaufen, und, wie Polybius vorhergesagt, die
Schifffahrt in diesem ganzen Meere wurde immer mühsamer. Die taurische Halb¬
insel öffnete die besten Häfen; auf deu Werften Pantikapäums wurden aus Holz,
das den Don oder Dniepr herabflößte, die für diese Gewässer schicklichen Fahrzeuge
gerüstet. Zu Cimmeris hatte der mäotische Sumpf einen brauchbaren Hafen. Der
Handel wurde mit skythischen Erzeugnissen getrieben; man fuhr weiter den Dniepr
hinauf; seine, des Tyras, des Hypanis, der Donau, oft überschwemmte Ufer waren
theils mit ungemein fetten Weiden, theils mit Waldung bedeckt.
Der Süd und Orient überhaupt. So war das Reich gegen Mittag
und Morgen. Diese Nationen wurden durch die römische Herrschaft weniger ver¬
ändert, als bei ihnen vielmehr die Römer sich an die Sitten gewöhnten, wozu Erde
und Himmel hier mächtig einladen. Die Menschenart war hier auch dazumal
außerordentlich schön-, durch eigene Würde und redenden Ausdruck der Züge, und
ein Leben der Empfindung, nicht so viel in Geberden sichtbar, als in dem Nach¬
druck der Handlungen und in Ausharren der Bestrebungen. Ueberall bringt hier
die Natur die Gewächse in Fülle der Kraft und Schönheit hervor; auch in den Thie¬
ren ist ein anderwärts nicht so mächtiges Leben.
Die Menschen in Afrika, wie durch ihre Sonne getrocknet, hatten gleich den
Löwen ihres Landes besondere Schnelligkeit und Kraft in den Muskeln. Die hohe
Schönheit, der edle Sinn der Morgenländer war bei ihnen seltener; doch näherten
herumwandernde Stämme sich diesem schon mehr, und so möchte Handlungsgeist
und die politische Lage den Küstenstädten jene Laster der Schwäche und List gege¬
ben haben.