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Die Macedonier blieben immer vorzüglich gute Soldaten, und noch trugen sie
die langen Spieße; bei ihnen wurde Eisen und Blei gegraben; Heerden bedeckten
das Gebirge; über alle ihre, und über die Menge der Städte erhob sich die
Größe von Thessalonika. Aus andern Häfen wurde der Käse und das ungesalzene
Fleisch ausgeführt, welches Dardaner und andere Hirtenvölker von ihren Bergen
brachten.
Zur selbigen Zeit war Athen vorzüglicher Sitz der Wissenschaften, den der
reiche und gelehrte Herodes Atticus noch verschönerte, und wo des Perikles Wun¬
derbau, der Minervatempel, durch Kaiser Hadrianus die Vollendung erhalten.
In der Mitte des dritten Jahrhunderts wurde diese Stadt von den Gothen geplün¬
dert, doch blieben die Meisterstücke alter Baukunst, welche ohne allzugroße Arbeit
nicht hätten zerstört werden können. Statuen und Gemälde der besten Meister
hatte Nero nach Italien gebracht. Die Cultur der Wissenschaften und die Liebe zu
der homerischen Religion blieb bis in das sechste Jahrhundert.
In Ansehung der Verfassung waren Theben, Athen, Megara und ein Theil
Aetoliens unter dem Namen des Gemeinwesens von Achaja begriffen; aber von
vielen Städten bloß die Trümmer vorhanden. Nächst Sicilien hatte Griechenland
unter den Römern am meisten eingebüßt.
Dalmatien stieg aus dem wilderen Leben empor. Handel wurde mit Pro¬
dukten der Viehzucht, mit Holz und Eisen getrieben; beträchtliche Städte blüheten
auf, und bald machten der Palast und die Gärten Diokletians, in deren Umfange
nun Spalatro beinahe ganz liegt, aus Salona einen der prächtigsten Orte der Welt;
noch zeugen die Trümmer von altem Glanze, und wie der Geschmack in der Anord¬
nung sich noch nicht verloren hatte..
Italien nach Virgilius und Plinius zu loben, wäre eine unnöthige Kühnheit.
Die Natur schien dieses Land bestimmt zu haben, Sitz des Weltreichs zu sein; es
ließ sich so gut erhalten, von Küsten aus, die mit allen Welttheilen leichte Ver¬
bindung öffneten, indessen Meere und Alpen Vormauern der Sicherheit waren.
Alle Unternehmungen der Politik und Handelsschaft wurden durch die Hafen von
Ostia, Ravenna, Misenum erleichtert. Eine, durch Mannichfaltigkeiten des Erd¬
reichs veranlaßte Luftverschiedenheit beförderte den Wuchs und die Zucht aller zur
Erhaltung und Verannehmlichung des Lebens dienlichen Pflanzen und Thiere; die
lange Kette der Apenninen gab jeder Gegend die Vortheile der Berge und Ebenen.
Die Flüsse begünstigten die, durch die schmale Form des Landes verkürzte Ausfuhr.
Fast mitten in der gesitteten Welt gelegen, vermochte Italien bequem über alle
Völker zu wachen und plötzlichen Gefahren unverzüglich vorzubeugen. Mehrere
Stävte wetteiferten um den Rang der Residenz; Paläste, der Kaiser würdig, hatte
Mailand und Ravenna, wie Rom; Aquileja war reich, stark, Reiz und Schutzwehr
für und gegen die Barbaren. Im langen Frieden hatten die Ligurier sich von ihrem
rauhen Gebirge heruntergezogen und im Westen und Osten ihres Genua die Küsten
bebaut. Wetteifernd verherrlichten die Kaiser, an dem adriatischen Meere, Ancona,
Ariminium und andere Landstädte. Auf der untern Küste schien Campanien, seit
der Vesuvius brannte, fruchtreicher als ehemals; der Flor von Capua, Nola,
Neapolis tröstete über die unter Asche und Lava begrabenen Städte; Lustpaläste
zierten die Inseln. Herrlicher Wein, Korn, Wolle und Vieh waren die Haupt¬
artikel der Ausfuhr Siciliens; die Schönheit der Thiere machte die Spiele zu Sy-
rakusä und Katana so berühmt wie die Römischen; da Aegypten und Afrika Korn
genug und besser lieferten, wurden viele Felder Siciliens in Wiesen verwandelt,
deren Ertrag noch sicherer und mannichfaltiger, und in der Nachbarschaft Roms
ungemein ergiebig sein mußte. Von Corsika liebte man Honig und Austern. Sar¬
diniens Städte blühten, obwohl das innere Land nicht policirt war.
Kröger. III. 26