Full text: Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin

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schlecht verpflegt und dazu uneins unter einander waren, nicht widerstehen. 
Bevor ein Jahr verging, war Frankreich von Feinden frei. Seine Heere 
drangen siegreich in Belgien, Deutschland und Sardinien ein. 
Je mehr die Besonnenen ihre Hoffnung auf die fremden Heere gesetzt 
hatten, desto eifriger wurden die Schreckensmänner, sie dafür zu züchtigen. 
Ein Heer von Henkersknechten, „ Rev o luti onsarmee" genannt, wurde 
durch Frankreich gesandt, um Verdächtige aufzuspüren und zum Gericht, d. 
h. zum Tode, einzuliefern. Die Guillotine arbeitete wieder Tag für Tag 
ohne Ruh und Rast, als wolle eine ganze Nation sich selbst zu Grabe tragen. 
Das Morden ging durch das ganze Land. Doch gab es einige Gegenden, 
in welchen es vor andern grausig betrieben wurde. In der Vendee, ei¬ 
nem Landstriche des westlichen Frankreichs, wohnte ein einfacher, kräftiger 
Menschenschlag, der treu und fest an den Sitten der Väter hing und um 
die übrige Welt sich wenig oder gar nicht bekümmerte. Hier fand die Revo¬ 
lution keinen Eingang. Zu den neuen Verordnungen, die haufenweise aus 
Paris kamen, schüttelten die Bauern den Kopf; aber weil sie im Namen des 
Königs erlassen wurden, ließ man sich dieselben gefallen. Als die alten, 
gläubigen Prediger abgesetzt wurden und an deren Stelle neumodische traten, 
die nicht Gottes Wort, sondern allerlei seltsame Sachen lehrten, da wurden 
die Bauern stutzig und merkten, daß es mit der ganzen Geschichte nicht richtig 
sein müsse. Als der König hingerichtet war und immer mehr Neuerungen 
eingeführt werden sollten, kam endlich der lang verhaltene Groll zum Aus¬ 
bruch. Die Einwohner griffen zu den Wgffen und schlugen die Soldaten der 
Republik zurück. Neue Truppen erschienen und hatten dasselbe Schicksal. Der 
Haß wurde immer ärger, die Wuth immer wilder. Der Konvent schickte 
endlich zwölf Heerhaufen, die den Namen der höllischen Kolonnen führten, zu 
gleicher Zeit ab und gab ihnen den Befehl mit, daß sie die Vendee in Schutt 
und Asche verwandeln sollten. Sengend und brennend, raubend und mordend 
zogen die Heere durch das Land und machten mit schrecklichem Blutvergießen 
dem Aufstande ein Ende. Dennoch schlugen die Vendeer von Zeit zu Zeit 
immer wieder los. Ganz besiegt wurden sie nie. 
Wie die Vendee, so hatten sich auch einige Städte gegen die Gewalthaber 
erklärt; aber sie mußten schrecklich dafür büßen. Lyon fiel nach harter Be¬ 
lagerung der Revolutionsarmee in die Hände und wurde fast bis auf den 
Grund zerstört. Sechs Monate dauerte das Werk der Verwüstung. Haus 
um Haus wurde eingerissen. Lyon sollte vom Erdboden verschwinden. Das 
Fallbeil arbeitete unaufhörlich. AIs auch dies Instrument nicht mehr rasch 
genug ging, wurden die Gefangenen massenhaft mit Kartätschen erschossen. 
Eben so verfuhr man in Toulon, das sich den Engländern ergeben hatte 
und von den Franzosen wieder erobert ward. Am ärgsten ging es vielleicht 
in Nantes her. Weil die Guillotine noch zu langsam arbeitete, wurden 
auch hier die Menschen haufenweise mit Kartätschen erschossen. Aber das 
massenhafte Morden verlor schnell den Reiz für die Zuschauer. Um etwas 
Neues zu bieten, wurden Hunderte an den Fluß getrieben und unter gräßlichem 
Hohn ins Wasser geworfen. Ihre Zahl war so groß, daß durch den Geruch 
der Leichen ganze Wolken von Aasvögeln in die Gegend gezogen wurden. 
Nachdem die Republik durch Greuel sattsam gestärkt war, blieb nur noch 
übrig, einige Veränderungen in Sitte, Verkehr und täglichem Leben zu 
machen, damit das Andenken an die Vergangenheit gänzlich ausgelöscht 
werde. Bisher bestand in Frankreich der christliche Kalender, der die Jahre 
von der Geburt Christi an zählte und die Länge der Woche nach der Bibel 
abmaß. Dies sollte nicht länger Bestand haben. Also wurde eine neue 
Zeitrechnung eingeführt, welche vom 22. September 1792 , dem Tage, an
	        
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