Full text: Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin

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Wie Bau und Farbe, so sind auch Gaben und Gemüth des 
Hundes verschieden. Die Hofhunde sind oft bösartig. Manche klei¬ 
nere Arten sind falsch. Der Spitz hat gewöhnlich seine Tücken; 
der Pudel ist gutmüthig und gelehrig, der Windhund scheu, der 
Hirtenhund verständig, der Haushund einfältig, der Mops ein un¬ 
nützer Kläffer, die Dogge ruhig und würdevoll. Die meisten 
Schoßhündchen sind verwöhnt, naschhaftig, fett und trüge. Von 
der Dogge sagt man, sie lasse sich lange Zeit von den kleinen 
Hunden anbellen, zerren und necken, werde es ihr aber endlich zu 
viel, so nehme sie wohl einen der Bläffer beim Genick und werfe 
ihn ins Wasser, damit er Gelegenheit habe sich abzukühlen. 
Die jungen Hunde sind in den ersten acht Tagen blind und 
werden etwa vier Wochen lang von der Milch der Mutter genährt. 
Allmählich lernen sie fressen und saufen und fangen an sich fröhlich 
im Sonnenschein zu tummeln. Bei dieser Beschäftigung haben sie 
an den Kindern die treuesten Gehülfen. Aber die fröhliche Ju¬ 
gendzeit dauert nicht lange. Viele von den Hunden sollen irgend 
einen Dienst erlernen und müssen dazu in Mühe und strenger Zucht 
abgerichtet werden. Es ist erstaunlich, wie weit man die Abrich¬ 
tung dieses Thieres treiben kann. In Südamerika nimmt man die 
jungen Hunde, welche zu Schafhirten angebündigt werden sollen, 
von der Mutter weg, ehe sie Augen haben, und läßt sie an Scha¬ 
fen fangen, damit sie einen Widerwillen gegen das Fleisch der 
Stiefmutter bekommen. Sie lassen sich dazu abrichten, daß sie die 
Schafe des Morgens hinaustreiben, am Tage hüten und am Abend 
zurückbringen, ohne daß ein Mensch sich im geringsten um die 
'Herde zu kümmern braucht. Nur muß man nicht vergessen, ihnen 
ihr Mittagsbrot einzubinden und um den Hals zu hängen. Sonst 
kann es vorkommen, daß sie, wenn sie hungrig werden, die ganze 
Herde nach Hause treiben, um sich erst ihre Mahlzeit zu holen. — 
In Kamtschatka wirft man die jungen Hunde unbarmherzig in 
dunkle Höhlen und läßt sie darin, bis sie völlig ausgewachsen 
sind. Dann werden sie herausgeholt und vor die kleinen Schlitten 
gespannt, mit denen man in jenen Gegenden fährt. Die Hunde 
werden durch das Licht und alle die ungewohnten Dinge, die sie 
erblicken, so geblendet, daß sie sich ruhig anspannen lassen und 
mit allen Kräften den Schlitten vorwärts ziehen. Allmählich ge¬ 
wöhnen sie sich an ihren schweren Dienst. Aber wenn sie ange¬ 
spannt werden, erheben sie jedesmal ein klägliches Geheul und 
geben weithin Kunde davon, was für saure Arbeit sie verrichten 
müssen. — Der Jagdhund ist besonders schwer abzurichten. Er 
muß dazu angehalten werden, daß er seine angeborne Weise ver¬ 
leugne und ganz gegen den Trieb handle, der in ihm wohnt. Er 
soll z. B. ein wildes Schwein nicht, wie er möchte, an die Gurgel 
fassen, sondern an: Ohr packen, damit die Menschen es sicher tobten 
können; er soll vor einem Volk Rebhühner ruhig stehen, bis der 
Jäger herankommt, sie zu schießen; er soll das getödtete Thier im 
Maule herzutragen, aber es nicht verletzen oder gar verzehren. 
Ihn daran gewöhnen ist eine schwere Arbeit, die in der Regel 
mißlingt, wenn das Thier mit Unverstand und launenhafter Härte 
behandelt wird. 
Wahrhaft bewundernswürdig ist es, bis zu welchem Grade 
von Geschicklichkeit der St. Bernhardshund es bringen kann. Über
	        
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