Full text: Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin

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Der Bäcker betrachtet das Geldstück sorgfältig unb ruft dann ver¬ 
wundert aus: „Welch alte Münze! Sie trägt Bild und Überschrift 
des Decius!" „Wo ist Decius?" fragt der Jüngling, „hat er die 
Stadt wieder verlassen?" Die Umstehenden wußten nicht, was 
diese Frage heißen sollte: der Jüngling aber wiederholt seine Frage 
nach dem Kaiser Decius und fügt die flehentliche Bitte an: „So 
gebt mir doch Antwort, wie es gekommen ist, daß hier, wo gestern 
noch die Christen verfolgt wurden, heute überall das Zeichen des 
Kreuzes gesehen wird?" Voll Verwunderung über solche Fragen 
führen die Leute den Jüngling zum Bischof der Stadt. Dieser 
fragt den Jüngling freundlich, wer und von wannen er sei. Er 
nennt seine Eltern, aber niemand will etwas von ihnen wissen; 
er nennt seines Vaters Haus; aber darinnen wohnen andere Leute. 
Endlich fragt er nach dem Kaiser Decius, wo der sei. „Decius?" 
sprechen sie, „der Christen Teufel, was ist mit dem? Unser Kaiser 
heißt Theodosius, den Gott segnen wolle durch Christum." — 
„Sprecht leise," erwidert der Jüngling, „wie dürft ihr heute den 
Namen nennen, nur deswillen gestern die Bluthunde hinter uns her 
waren? Wer seid ihr, uub wer sind die Leute, die vorhin im 
Tempel der Diana das „Herr Gott, dich loben wir" gesungen?" 
Nun kommt man der Sache auf den Grund. Unter den Seilten 
von Ephesus ging noch wohl die Sage von den sieben Jünglingen, 
die der Kaiser Decius in der Zeit der Trübsal sollte vermauert ha¬ 
ben, und man nannte dem Jüngling ihre Namen; denn diese waren 
nicht vergessen worden. Da der Jüngling seinen und seiner Brüder 
Namen hörte, und wie Ephesus nun christlich geworden, und wie 
Gott der Herr es ihnen gegeben, daß sie die Zeit der Trübsal 
verschlafen, hob er feine Stimme auf und weinte laut, ging in 
die Höhle zurück zu seinen Gefährten, und das ganze Volk geleitete 
ihn und brachte die Sieben mit großem Triumph nach Ephesus. 
Diese, nachdem sie am Abend noch einmal mit einander Gott 
gedankt, legten sich zur Ruhe, sind aber nicht mehr aufgewacht, 
sondern am Morgen fand man sie sanft und selig entschlafen. 
Die letzte Verfolgung. 
Im Jahre 284 bestig Diokletian den römischen Kaiserthrcm. Er war 
ein wohlwollender und in vieler Hinsicht trefflicher Regent und wollte durch¬ 
aus nicht mit Gewalt die Christen zur heidnischen Religion zurückbringen. 
Aber der Schwiegersohn des Kaisers, ein wüthender Feind des christlichen 
Namens, ließ nicht nach, immer neue Beschuldigungen wider die Christen vor¬ 
zubringen, als ob sie alles Ungliick im ganzen Reiche verschuldet hätten. Da 
entschloß sich der Kaiser endlich, den von den Heiden lange ersehnten Befehl
	        
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