Full text: Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin

67 
ausgezeichnetsten Werkzeuge Christi für die Ausbreitung des Evan- 
geliums im nördlichen Deutschland. 
Winfried kam nach dem Hessenlande und arbeitete dort in so 
großem Segen, daß in kurzer Zeit Tausende dem Heidenthume ent¬ 
sagten und sich zu dem Herrn Christo bekannten. Der Ruf von 
seinen außerordentlichen Erfolgen drang bis nach Rom und bewog 
den Papst, ihn zum Bischof über die von ihm bekehrten Christen 
zu weihen. 
Die Zahl der Christen mehrte sich täglich; aber bei der Menge 
der Übertretenden konnten unmöglich alle Bekehrungen gründlich 
sein. Viele nahmen äußerlich den Christenglauben an, blieben 
aber in ihrem Leben und Wesen ganz, wie sie vorher gewesen wa¬ 
ren. Bonifacius hatte oft große Noth, einzelne Stücke des heid¬ 
nischen Aberglaubens zu vertilgen. Da stand z. B. im Hessenlande 
eine große, uralte Eiche, welche dem Donnergotte Thor heilig war. 
Selbst die Getauften konnten sich nicht überwinden, die Scheu vor 
dem heiligen Baume abzulegen. Deshalb beschloß Bonifacius, die 
Eiche zu füllen. In Gegenwart einer großen Versammlung zeugte 
er zuerst von Gott, der die Eichen geschaffen hätte und von den 
Menschen verehrt werden wollte; dann hob er die Axt auf und 
führte den ersten Streich gegen den Baum. Lautlos stand das 
Volk umher und wartete mit klopfendem Herzen, ob nicht der 
Frevler von beut Donnergotte zerschmettert werden würde. Aber 
alles blieb ruhig in: Himmel und aus Erden. Als der letzte Hieb 
gethan war und der Baum mit Krachen umfiel, ohne daß die Blitze 
des zürnenden Gottes den Missethäter getroffen hätten, war für 
die Heiden die Nichtigkeit des heidnischen Götzendienstes erwiesen. 
Von hier aus durchzog Bonifacius das mittlere Deutschland 
nach allen Richtungen, nach Ost und West, nach Süd uub Nord; 
überall predigte er, taufte er, baute er Kirchen und setzte Prediger 
ein. Sobald der Papst erkannte, welcher Segen von Gott auf 
deul Werke dieses Mannes ruhte, ernannte er denselben zum Erz¬ 
bischof und Haupt der ganzen deutschen Christenheit. In dieser 
Hoheit Würde that Bonifacius alles Mögliche, mit die zerstreuten 
Glieder der Kirche in Deutschland zusammenzubringen; er richtete 
allenthalben kirchliche Ordnungen auf, stellte die vergessenen Syno¬ 
den wieder her, machte häufig Visitationsreisen uub suchte überall 
zu bessern, wo Besserung noth that. Er hat eine gemeinsame 
deutsche Kirche und damit erst ein deutsches Volk geschaffen. Vor 
Bonifacius gab es in dem jetzigen Deutschland eine Menge ein¬ 
zelner Völkerschaften, die wenig oder gar keine Gemeinschaft mit 
5*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.