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zu verurteilen. Mit großem Ungestüm wird Jesus hier
als ein gefährlicher Mann, der das Volk zur Empörung
gegen den Kaiser reize, von feinen boshaften Verfolgern
angeklagt. Pilatus, ein Mann von schlechter Denkungs¬
art, zeigt zwar einiges Mitleiden mit Jesus, an dessen
Unschuld er nicht zweifelt, laßt sich aber bald durch das
wüthende Geschrei des zusammengelaufenen Pöbels so sehr
in Furcht setzen, daß er Jesum zum schrecklichen Kreuzes¬
tode verurtheilt. Gestärkt durch seinen Glauben an die
Vorsehung, und durch seine hohe Menschenliebe, geht Je¬
sus mit festem Muthe dem Lode entgegen, und erduldet
ihn, ohne Erbitterung gegen seine Feinde, mit bewunde¬
rungswürdiger Gelassenheit und Seelenstärke. Noch am
Kreuze giebt er rührende Beweise seines Edelmuths, seiner
kindlichen Liebe und seiner frommen Ergebung in Gottes
Willen, indem er mit dankbarer Liebe seine Mutter der
Fürsorge des Jüngers Johannes übergiebt, einen reuevol¬
len Missethäter tröstet, und zu Gott für seine Feinde betet:
Vater, vergieb ihnen; denn sie wissen nicht, was sie thun.
Zwei edle Männer, Nicodemus und Joseph von Arimathia,
vereinigten sich, den Gekreuzigten auf eine ehrenvolle Weise
zu begraben. Seine Jünger fürchteten, daß man nun
auch sie verfolgen werde, und hatten anfangs nicht Muth
genug, sich ihren Verfolgern entgegen zu stellen, sondern
verbargen sich furchtsam, und kamen nur bei verschlossenen
Thüren zusammen. Ungewiß, was sie nun von Jesus
denken sollten, schwebten sie zwischen Furcht und Hoffnung.
Doch schon am dritten Tage nach seiner Kreuzigung sehen
sie sich auf eine höchst unerwartete Weise von allen ihren
Besorgnissen befreiet; Jesus tritt lebend unter sie, und er¬
füllt durch seine Auferstehung vom Tode, was er worher-
gesagt hatte, ohne von seinen Jüngern verstanden zu sein.
Noch vierzig Tage lang erfreuen sie sich seines belehrenden
und tröstenden Umganges, und nun erst verläßt Jesus die
Erde auf immer, und wird in den Himmel versetzt, nach¬
dem er seinen Jüngern befohlen hat, allen Völkern seine
Lehre zu verkündigen, und diejenigen, welche sie annehmen
würden, durch die Taufe in die neue Religionsgefellschaft
der Christen aufzunehmen.
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