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16. Die Unvorsichtige.
Henriette wurde im ganzen Hause die Unvorsich¬
tige genannt. In der That verging auch fast keine Woche,
wo sie nicht durch ihre Unvorsichtigkeit sich oder Andern ir¬
gend einen Schaden verursachte. Einmal fiel sie über ei¬
nen Eimer voll Wasser, den sie selbst erst kurz vorher-hin¬
gesetzt hatte, und zerschlug sich das ßanze Gesicht. Ein
andermal sprang sie aus Neugierde schnell vom Stuhle
auf, und stieß dabei ein vor ihr stehendes Glas nebst einem
Stuhle um, u. d. m. Nun bereuete sie zwar oftmals ihren
Fehler, zumal dann, wenn sie Verweise deswegen bekam;
allein diese Reue war schnell vorübergehend; denn nach
wenigen Tagen beging sie wieder ähnliche Unvorsichtigkei¬
ten. — Eines Tages schüttete sie einen Topf mit Brühe,
welche sie in der Eile für unreines Wasser angesehen hatte,
aus dem Fenster, ohne vorher hinaus zu sehen, und begoß
damit eine wohlgekleidete Frau, die eben unter dem Fen¬
ster vorbeiging. Die Frau zeigte es Henrietten's Mutter
an, welche ihr den Schaden gebührend ersetzte, und Hen¬
rietten nachdrücklich bestrafte. Von dieser Zeit an wurde
sie aufmerksamer auf sich selbst und besonnener; und so ge¬
lang es ihr, ihren Fehler endlich ganz abzulegen.
Vorsicht ist besser, als Nachreue.
17. Schädliche Spielerei.
Friederike hatte die Unart, oft mit Feuer zu spielen.
Sie nahm ein Stück Papier, zündete es an und ließ es
verbrennen. Sie freuete sich dann, wenn das Papier aus¬
glimmte und die kleinen Funken wie Sternchen aussahen
und auf dem schwarzgebrannten Papier hin und herzulau¬
fen schienen. Sie suchte in der Küche dünne und lange
Holzspanchen, und zündete sie an. Das sollte dann ihre
Fackel oder Talglicht vorstellen. Sie schwenkte auch wohl
den brennenden Span im Kreise herum und vergnügte sich
an dem feurigen Ringe, welcher dadurch entstand. Der
Vater warnte, die Mutter bat. „Liebe Friederike," sag¬
ten sie, „du kannst dich und uns alle einmal sehr Unglück- ^
lich machen mit diesem Spiele. Wenn ein einziger Fun-