Object: Viertehalb Jahrhunderte (Bd. 2, Abth. 2)

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Die Zeit des französischen Uebergewichtes 
keine Söhne hatte, sein Bruder Karl, der bisherige Bewerber um die 
spanische Krone, als Beherrscher der östreichischen Länder und als Kaiser 
an seine Stelle trat. Karl hatte, da schon nach Wilhelms Plane An¬ 
griffe auf Philipp V. zu dem Kriege gehörten, auch die von den See¬ 
staaten gehofften Vortheile großentheils in Spanien selbst zu erringen 
waren, seit Anfang des Jahres 1704 mit englischer, niederländischer 
und portugiesischer Hülfe in Spanien seinen Gegner bekämpft. Er war 
in Portugal gelandet, hatte aber, theils aus Mangel an Feldherrngaben, 
theils ans Mangel an Unterordnung der Truppen, lange Zeit nur ge¬ 
ringe Thätigkeit entwickelt. Seine Bundesgenossen hatten noch im Jahre 
1704 mit ihren Flotten die Festung Gibraltar erobert. Er selbst aber 
faßte nur dadurch festen Fuß im Lande, daß die alte Eifersucht der nord¬ 
östlichen Provinzen auf das Hauptland Castilien jetzt gegen Philipp be¬ 
nutzt wurde. Er schlug seinen Wohnsitz in Barcelona auf und erlangte 
die Anerkennung von Catalonien, Aragonien und Valencia. Während 
die Doppelherrschaft im Lande bestand, übten sowohl die Heere der Ver¬ 
bündeten, als die zu Philipps Schutz anwesenden französischen Heere 
einen furchtbaren Druck. Je ärmer dieser ganze Theil des Krieges an 
kriegerischen Thaten war, desto mehr quälten zuchtlose Truppen die Be¬ 
völkerung, indem von beiden Seiten jeder Widerstand gegen Mißhand¬ 
lung als Empörung gegen den Herrscher angesehen und zum Vorwände 
ausschweifender Grausamkeit gebraucht wurde. Daß im Jahre 1706 
die Portugiesen Madrid Wegnahmen, wurde Karln, der bei Saragoza 
stand, nicht einmal bekannt, und so versäumte er die Gelegenheit, sich 
zum Meister der Hauptstadt zu machen. Die unkriegerische Weise der 
Kriegführung veranlaßte sogar den englischen Heerführer, sich die Er- 
laubniß zum Verlassen des Landes zu erbitten. Dagegen verstärkten 
sich die französischen Heere, und im Jahre 1707 erfochten die Franzosen 
und Castilier bei Almansa an der Westgrenze von Valencia über das 
aus Engländern, Niederländern, Portugiesen, Cataloniern, Aragoniern, 
Valencianern, Preußen, Hannoveranern bestehende Heer Karls einen 
Sieg, der den Thron Philipps befestigte. Eine Folge dieses Sieges 
war die Eroberung Valencias und eines Theiles von Aragonien, wo 
die Feindschaft der Castilier unter dem Vorwände des Kampfes für den 
König Philipp sich ebenso freien Lauf ließ, wie die Bewohner der Karln 
anhängenden Provinzen im Namen des Herrschers alten Haß gegen die 
Castilier gesättigt hatten. Der Kampf ward um so erbitterter, als da, 
wo die Castilier siegten, auch alle von den überwundenen Provinzen mit 
so großer Eifersucht bewahrten besondern Rechte aufhörten. Karl behielt 
jedoch noch so viel Boden, daß er in der Folge Versuche zur Herstellung 
seiner Herrschaft machen konnte. Bis zu der Zeit, da Joseph starb, 
war dies auch geschehen. Der öftreichische Feldherr, Graf Stahremberg,
	        
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