§ 114.
Europa,
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Die Halbinseln Südeuropas.
Bodengestaltung und Bewässerung.
§ 114. Die Apenninen-Halbinsel. (Königreich Italien.) Von den Alpen
steigen wir in die Lombardische Tiefebene, den Fruchtgarten Europas,
hinab. Po und Etsch mit ihren Nebenflüssen haben am Rande der Ebene ihre
Schutt- und mehr nach der Mitte ihre fetten Schlammassen abgelagert. Diese
rühren größtenteils von den Alpen her, aber auch nicht zum geringen Teile
von den Apenninen, die das Tiefland im Süden einfassen. Wie mächtig noch
jetzt die Geröll-, Sand- und Schlammengen sind, die diese Flüsse mit sich
tragen, zeigt sich darin, daß das Delta des Pos und das der Etsch jedes Jahr
70 m weiter ins Meer hinauswachsen. Küstenstädte werden dadurch nach und nach
zu Landstädten. Ravenna, das zur Römerzeit einen wichtigen Hafen hatte,
liegt jetzt 9 km weit vom Strande entfernt. — Die Apenninen beginnen
im NW, wo sie als eine Fortsetzung der Alpen erscheinen. Zuerst begleiten sie
den Golf von Genua. Ihre Küstenlandschaft ist die herrliche italienische
Riviera (San Remo), die Fortsetzung der französischen. Die Gebirgsketten
wenden sich, die Halbinsel von X nach 8 durchlaufend, nun immer mehr dem
Adriatischen Meere zu, um dann in dem Sporn Italiens, in Kalabrien zu enden;
jedoch pflanzen sie sich jenseits der Straße von Messina in Sizilien fort. Die
Apenninen halten sich durchweg in der Höhe der Sudeten; am höchsten (3000 m)
steigen sie in den wilden Abruzzen (Mittelitalien) empor. Hier kann man von dem
Kamme sowohl das Adriatische als das Tyrrhenische Meer erblicken, da die Halb-
insel durchweg nur eine Breite von 150 km (Bingen bis Köln) hat; ihre Länge
beträgt 1000 km (Mailand bis Kiel). Wegen der kurzen Entfernung von der Küste
können sich nur Flüsse mit kurzem Laufe entwickeln. Der bedeutendste unter
ihnen ist der Tiber. Die Apenninen bestehen vorzüglich aus losen Gesteins-
arten: Kalk, Sandstein, Mergel, Ton. Infolgedessen geraten oft ganze Berg-
abhänge ins Gleiten. Darum liegen die italienischen Städte selten in den
Tälern, meist auf den Höhen, die festeres Gestein haben. Wegen dieses
lockeren Bodens führen die Flüsse sehr viel Schlamm mit sich, wodurch
manche Küstengegenden versumpfen. Solche Sumpfstrecken begleiten auf eine
Strecke von 400 km die Westküste Mittelitaliens (Maremmen, die Römische
Kampagna). Hier ist der Sitz des Malariafiebers, einer der größten
Landplagen Italiens. Die Apenninen find aufgefaltet worden, als fich das
Thyrrhenifche Meer gebildet hat. Von der alten Erdscholle sind noch zwei
Stücke stehengeblieben, die nun als die Inseln Korsika und Sardinien aus
dem Meere aufragen. Die Bildung der Erdoberfläche ist hier noch immer
nicht zur Ruhe gelangt. Das beweisen die häufigen Erdbeben, die Italien
oft so unheilvoll heimsuchen (Erdbeben an der Straße von Messina im Jahre
1908; vorher zählte Messina 150000 Ew., jetzt nur 30000); das zeigen
auch noch die tätigen Vulkane, wie der Vesuv (1300 m) bei Neapel, der