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Lebensbilder auS der Weltgeschichte.
Pommerns der Große Kurfürst war mit diesem einen Erfolge nicht zu-
frieden, er machte wahr, was er einst bei der ersten Kunde von dem
Einfall der Schweden in die Mark prophezeit hatte. Bald war ganz
Pommern in seinen Händen, eine feste Stadt nach der andern mußte sich
ergeben, selbst Stettin, das sich fünf Monate unter dem tapfern Oberst
von Wulfsen gehalten hatte. Dann setzte er zur Insel Rügen über,
seine kleine Flotte half ihm; auch Stralsund, das einst der berühmte Feld-
Herr Wallenstein nicht hatte erobern können, öffnete nach kurzem Kampfe
die Tore. Überall flatterte stolz zu Wasser und zu Lande der rote kur-
brandenburgische Adler. Da versuchten die Schweden zum letzten Male
einen Angriff, sie sielen im Winter in Ostpreußen ein. Aber schwer
mußten sie es büßen. In Eilmärschen rückte der Kurfürst heran, und als
seine Fußsoldaten den voranjagenden Reitern nicht so schnell folgen
konnten, setzte er sie auf Schlitten und fuhr mit ihnen über ein Stück des
zugefrorenen Frischen Haffs. So trieb er die Feinde vor sich her; die
meisten von ihnen kamen um, nur wenige, ein Zehntel derer, die aus-
gezogen waren, kamen in der Festung Riga an; der Kommandant, in Angst
vor den brandenburgischen Reitern, ließ die Wälle mit Wasser begießen,
so daß sie glattfroren.
Laut tönte der Ruhm des Großen Kurfürsten und seines Landes
durch die ganze Welt, aber damit wuchs auch der Neid der andern
Fürsten, so daß der deutsche Kaiser ihn im Stich ließ und er zuletzt alle
Eroberungen den Schweden herausgeben mußte. Eins war ihm und
seinem Volke nur geblieben, der hellleuchtende Ruhm, den konnte ihm
keiner nehmen.
Friedens- Nach dem Kriege lebte der Kurfürst ruhig in seiner Hauptstadt
jähre. sger^ welche seine zweite Gemahlin Dorothea von Hol st ein
verschönerte; sie legte die heute so berühmte Straße „Unter den Linden"
an. Noch einmal zeigte ihr Gemahl den Franzosen, wie fest er an seinem
Glauben hing. Als Ludwig XIV. durch einen Erlaß die Reformierten,
welche in Frankreich Hugenotten hießen, vertrieb, gab Friedrich
Wilhelm das Edikt von Potsdam, durch welches er die aus der Heimat
flüchtenden Familien einlud, sich in Brandenburg anzusiedeln. Viele
Tausende folgten gern diesem edelmütigen Rufe und nützten als tüchtige
Handwerker und Kaufleute dem Lande viel.
Friedrich An einem Sonntage, dem 9. Mai 1688, fühlte der gewaltige Held
seinen Tod nahen. Er ließ seine Familie an sein Bett treten, segnete jeden
1688. einzelnen und rief laut: „Komm, Herr Jesu! Ich bin bereit!" Dann
fügte er noch mit leiser Stimme hinzu: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt,