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Sie sind sehr sanfte und friedliche Geschöpfe und höchst
reinlich. Auf den Ruf kommen sie eiligst von dem
Dache herab und picken die ihnen gestreuten Körner,
ohne sich darum zu zanken, geschäftig auf. Sie legen
für eine Brut nur zwey Eyer. Da sie ihre Jungen
aus ihrem Kropfe füttern, worin sie die Körner erst er¬
weichen, so wären sie nicht im Stande, so viele Jungen,
als die Henne aufzuziehen. Allein sie brüten öfter im
Jahre, und bringen es daher auf eine eben so große
Anzahl von Jungen als die Henne. Müssen wir nicht
auch darin die Weisheit des Schöpfers erkennen?
5. Von den Waldvögeln gibt es mancherley
Arten. Der Rabe hält sich im Sommer in Wäldern
auf, kommt aber im Winter heraus in's Freye, und
macht sich besonders durch Vertilgung der Feldmäuse
so wie des Aases verdient, das er auf Meilen weit wit¬
tert. Die Krähe, etwas kleiner als der Rabe, aber
fast eben so schwarz, folgt dem ackernden Landmanne
nach, und frißt die herausgepflügten Würmer auf. Die
Dohlen nisten gern in hohen, alten Kirchthürmen, um
die man sie manchmal in Scharen laut schreyend her¬
um fliegen sieht. Die Aelstern sind weiß und schwarz;
sie bauen auf Bäumen ein großes, oben zugedecktes
Nest. Sie lernen, so wie die Raben und Dohlen Worte
nachsprechen, ja die Aelster macht das Blöcken der
Schafe, das Meckern der Ziegen, und wohl auch die
Flöte des Hirten nach. Auch stehlen alle diese Vögel
gern glänzende Dinge, goldene Ringe und Goldstücke,
und tragen sie in ihr Nest, haben aber so wenig Nutzen
davon, als der Geitzige von seinen gesammelten Schätzen.
Indeß wurde durch sie schon mancher Unschuldige in
Verdacht des Diebstahls und in Unglück gebracht.
Lehr- u. Lesebuch. II. Abth.^ 5