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stehen in den Kaffeepflanzungen die wenig über drei Ellen hohen, 
nach der Schnur in gleichen Zwischenräumen gepflanzten Bäume. 
Ihre immergrünen, glänzenden, ledcrartigen, ovalen Blätter und die 
aus dem Blattwinkel herauswachsenden Büschel schneeweißer Blumen 
bieten nebst den dunkelscharlachrothen Früchten einen sehr freundlichen 
Anblick, besonders da der Strauch acht Monate lang blüht und stets 
Früchte und Blüthen neben einander trägt. In diesen Früchten be¬ 
finden sich die Samenkerne, je zwei in einer Frucht, mit der flachen 
Seite' aneinander liegend. Dreimal hält man in Brasilien und 
Westindien Fruchtlese; in Brasilien pflückt man die Früchte, ander¬ 
wärts werden die Bäumchen geschüttelt, woraus die reisen Früchte 
auf darunter gebreitete Tücher fallen. Die gesammelten Beeren 
werden auf besonders dazu eingerichteten Tennen ausgebreitet, und in 
wenigen Tagen trocknen die glühenden Sonnenstrahlen das süßlich 
schleimige Fleisch der Früchte, welches dann durch besondere Walz¬ 
mühlen von den Kernen entfernt wird. 
In großen Säcken werden dann die Bohnen nach Europa aus¬ 
geführt, und der fremde Eindringling, der, selten getrunken oder als 
Arznei gebraucht, gewiß der Gesundbeit ausgezeichnete Dienste leisten 
würde, hat leider bei Vornehm und Gering, bei Groß und Klein 
unsere heimischen gesunden, unserm Klima und unserer Natur zusa¬ 
genden Getränke verdrängt; selbst die unzählbaren Kaffeesurrogate 
hat er auf dem Gewissen — und die homöopathischen Aerzte erklären 
den Kaffee, namentlich als tägliches Getränk der Jugend, geradezu 
für ein langsames Gift. Und sicher ist er eins der vielen stteizmittel, 
mit denen unsere kränkliche Generation für augenblicklichen Reiz und 
Genuß immer größerm Siechthume entgegengeht. Wie viel Geld 
giebt man doch aus, um sich krank zu machen! — Wirklich, wir 
hätten fast Lust, den Dank an den Holländer Wieser und an den 
Franzosen Clicux wieder zurückzunehmen. 
73. Das erste und zweite Kartoffelgericht. 
Franz Drake hatte einen Freund in England, welchem er von 
Amerika aus Kartoffeln zur Aussaat nach Europa schickte, und wobei 
er ihm schrieb, die Frucht dieses Gewächses sei so vortrefflich und 
so nahrhaft, daß er ihren Anbau für sein Vaterland für höchst nützlich 
halte, schrieb aber sonst nicht ein Wort über Beschaffenheit und 
Eigenschaft der Kartoffel, über Pflanzung, Wartung und Einerntung 
derselben, — wie denn Drake überhaupt ein Mann, karg von Worten, 
keck, rasch und kräftig von Thaten war. Aber der Freund des 
Drake wollte die amerikanische Pflanze aus seinem Garten wieder 
herausreißen und wegwerfen lassen. Und das kam durch ein Mi߬ 
verständniß, wie denn oft Mißverständnisse Schuld sind, daß manches 
Gute nicht zu Stande kommt. Der Freund dachte nämlich, Franz
	        
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