Full text: Der südteutsche Schulfreund

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Mit unnatürlicher Begier trinken hier ganze Völker¬ 
stämme das ausgesogene Blut ihres Feindes, andere 
würgen ihn, scheinbar waffenlos, und doch zum Morde 
vorbereitet, mit vergiftetem Daumnagel *). Die schwäche¬ 
ren Horden, wenn sie das sandige Ufer betreten, ver¬ 
tilgen sorgsam mit den Händen die Spur ihrer schüch¬ 
ternen Tritte. 
So bereitet der Mensch im Laufe der Zeit, durch 
die gelebte Sünde zurükgeworfen auf die unterste Stufe 
thierischer Rohheit, so im Scheinglanze seiner höhern 
Bildung, so bald er anfängt das sicher leitende Gcsez 
Gottes zu verlassen, sich stets ein mühevolles und bit¬ 
teres Leben. So verfolgt den Wanderer über den wei¬ 
ten Erdkreis, über Meer und Land, wie den Geschichts¬ 
forscher durch alle Jahrhunderte, das einförmige trostlose 
Bild des entzweiten Geschlechts, dessen Wiederherstellung 
und Friede nur allein in Christus möglich ist'). 
Hermann. 
Als der Römerstolz und Eroberungssucht in das bis¬ 
her von fremder Beherrschung freie Land der Teutschen 
einbrach, ward Hermann dem Sigmar, einem edlen 
Cherusker, im Harzlande geboren/ 
Kaiser Augnstus zieht den hochherzigen, muthigen 
Jüngling, als Befehlshaber teutscher Hülfsvölker, nach 
Rom; auch den Bruder desselben, Flavius, eines teutschen 
Namens unwerth. Im Genuß der Hofgunst, in der 
Ueppigkeit Italiens soll Hermann das arme, raue Va¬ 
terland vergessen lernen. Seine Tapferkeit, mit den 
Würden römischer Bürgerschaft und Ritterehre belohnt, 
1) Die Otomaken vergiften oft den Nagel am Daumen 
mit einem aus einer Pflanze bereiteten Gift. Das bloße 
Emdrüken des Nagels wird tödtlich, wenn sich das Gift 
dem Blute beimischt. . 
Z) Es versieht sich, daß der Lehrer bei Vornahme dieses 
Lesesiükes. die wegen Ersparung des Raums hier nicht 
weiter erklärten Wörter aus der Geographie und Natur¬ 
geschichte ¡c. seinen Schülern zu erklären hat.
	        
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