Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 9)

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Dritter Zeitraum von 1789—1849. 
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Die Berliner 
Märzrevolution 
18. in. 1848. 
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national gesinnte König Ludwig 1 (1825—1848), der sich durch seine 
Förderung der Künste ein Verdienst um ganz Deutschland erworben 
hatte, sich in seinem Alter allzusehr dem Einfluß des Ultramontanismus 
hingab und schließlich wegen einer anstößigen Liebesangelegenheit (Lola 
Montez) die Achtung des Volkes verlor; er dankte zugunsten seines 
ältesten Sohnes Maximilians IL ab (1848—1864). 
In Vreden rächte es sich schwer, daß Friedrich Wilhelm IV. die 
konstitutionellen Forderungen des „Vereinigten Landtages" vom Jahre 
1847 hartnäckig abgewiesen hatte (s. S. 230). Die öffentliche Meinung 
beharrte voll Unmuts auf dieser Forderung; Adressen und Petitionen 
liefen aus den Provinzen ein; Tumulte fanden namentlich in den leicht 
erregbaren Rheinlanden, aber auch m Breslau und Königsberg 
statt. Unter diesen Eindrücken, besonders auch auf die Meldung von 
dem Sturze Metternichs (s. u.), nahm in Berlin die Unruhe zu, 
weshalb der König den Landtag für den 27. April einberief. Als 
trotzdem die Haltung der durch Demagogen unausgesetzt bearbeiteten 
Menge immer bedrohlicher wurde, es täglich zu Zusammenstößen mit 
den Truppen kam und schließlich der Regierung ein sür den 18. März 
geplanter Anschlag auf das Schloß zum Zweck persönlicher Bedrohung 
des Königs bekannt wurde, gab der König dem Dräugen seiner Minister 
nach und bewilligte am 18. März, was man von ihm forderte: Ent- 
lassung des konservativen Ministeriums, Verfassung, Preß- 
sreiheit, Eintreten für ein Deutsches Parlament, sofortige Ein- 
bernfnng des Landtages. Obgleich damit alles geschehen war, was 
geschehen konnte, kam dennoch an demselben 18. März die lange auf- 
gespeicherte Erregung der Gemüter zum Ausbruch. Aus der Dankes- 
ovation vor dem Schlosse wurde durch die berufsmäßigen Hetzer (Rufe 
„Militär fort") eine neue Bedrohung, und diese artete infolge eines nn- 
glücklichen Zufalls — im Gedränge entluden sich zwei Gewehre — zur 
wohlvorbereiteten Revolte aus1). Zwar blieben die Truppen, die nur 
den allernotwendigsteN Gebrauch von der Waffe machen durften2), in 
den Barrikadenkämpfen des Abends und der Nacht überall siegreich, 
aber der faffungslose König scheute entgegen den Ratschlägen seines 
1) Wie bei allen Revolutionen standen auch hier hinter den Massen, diesen 
selbst unbekannt, die eigentlichen Leiter des Angriffs, die nach festen Plänen die 
schlagbereile Truppe lenkten. Daß bei der Berliner MärMvolution Polen und Fran¬ 
zosen^ Mitglieder des internationalen Revolutionskomitees, eine hervorragende Rolle 
gespielt haben, unterliegt jetzt keinem Zweifel mehr. 
2) Die Zahl der Opfer dieser „Berliner Märztage" — etwas i'iW sno mif 
Seiten der Aufrührer und 20 Soldaten — war außerordentlich gering im Vergleich 
zu den Opfern andrer revo^tionärer Bewegungen. Die „vertierte Soldateska", wie 
das verhetzte Volk das Militär nannte, hatte eine bewunderungswürdige Mäßigung 
bewiesen sowohl im Kampfe selbst als in seiner Haltung gegenüber den niederträch- 
tigften Beschimpfungen, die es in diesen Tagen vom Pöbel erdulden mußte.
	        
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