Religiosität Friedrichs.
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Leben giebt den Beweis für seine wahrhaft fromme Gesinnung,
die stets und überall bemüht war dem hohen Berufe und der
schweren Pflicht zu genügen. Andrerseits läßt sich jedoch nicht
leugnen, daß ihm der kirchlich-fromme Sinn ganz fehlte, und
daß er nicht selten durch unzeitigen Spott des Heiligsten hart
verletzte und zu einer nicht geringen Frivolität Veranlassung gab.
Erklärte er doch selber einmal, daß er gern einen Finger seiner
Hand darum gäbe, wenn er die Sitten in seinem Lande wieder
so rein machen könnte, wie sie unter feinem Vater gewesen seien.
Sein Ausspruch, daß „Jeder nach seiner Facon selig werden
müsse" hat damals wie vielfach noch heut statt Toleranz Gleich¬
gültigkeit gegen alles religiöse Leben hervorgerufen. Er selber
hielt die protestantische Lehre für die beste, die es geben könne,
und wenn er auch ungern Katholiken in Civil-Aemtern sah, so
war er doch weit entfernt, die Katholiken in seinem Lande irgend¬
wie einzuschränken; er ließ ihnen volle Freiheit aus kirchlichem
Gebiete, wußte aber etwanigen Uebergriffen kräftig entgegen zu
treten. Ja als der Papst 1773 den Orden der Jesuiten aufhob,
nahm der König keinen Anstand, sie in seinen Staaten zu dul¬
den und sie auch ferner für den Jugend-Unterricht zu benutzen,
da er ihre Verdienste um denselben sehr wohl zu würdigen
wußte. In Betreff äußerlicher Anordnungen behielt er sich sein
Recht für die katholische wie für die protestantische Kirche vor.
Als er 1773 den dritten Feiertag der hohen Feste aufhob und
von den vier Bußtagen im Jahre nur einen bestehen ließ,
willigte auch der Papst ein, daß innerhalb der preußischen
Staaten von den 53 katholischen Festtagen 17 gestrichen wurden.
Zum besseren inneren Zusammenhalten der evangelischen Kirche
setzte er 1750 das Ober-Eonsistorium ein, und er hat
selbst Widerspruch von demselben ertragen, sobald er nur sah,
daß derselbe aus innerster Ueberzeugung hervorgegangen war.
War Preußen schon seit längerer Zeit der Zufluchtsort aller
derer geworden, die wegen ihres Glaubens daheim verfolgt
wurden, so bewahrte Friedrich erst recht seinem Lande dies
schöne Vorrecht. So sehr er aber auch dafür sorgte, daß überall
Denkfreiheit erhalten würde, so war er doch weit davon entfernt,
eine unbedingte Preßfreiheit zu gestatten. Der Versuch, den
er gemacht hatte, der Presse volle Freiheit zu gewähren, war so
wenig befriedigend ausgefallen, daß er eine Controlle für nöthig
hielt, alles das lzu unterdrücken, was dem allgemeinen Wohl
zum Nachtheil gereichen könnte. Er für seine Person war gegen
Schmähungen gleichgültig, obwohl niemals gegen irgend einen