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Berlin reisen, um einen dort abgesetzten Prediger, Namens Ger¬
hard, aufzusuchen und zu dem Herzoge zu bringen, der ihn ver¬
sorgen wollte. Mau denke sich das Erstaunen der unglücklichen,
flüchtenden Familie bei dieser Nachricht!-— Herzog Christian gab
dem Vertriebenen sogleich ein gutes Jahrgeld und beförderte ihn
einige Zeit nachher zu einem ansehnlichen geistlichen Amte nach
Lübben in der Niederlansitz. Jenes herrliche Lied aber, — cs ist
unser evangelisches.Kernlied «Befiehl du deine Wege", welches
schon Tausende bekümmerter Seelen getröstet hat, da es ganz ans
der Tiefe des Herzens hervorgequollen ist — kam nach einiger
Zeit dem Kurfürsten von Brandenburg zu Gesichte; er las cs mit
großem Wohlgefallen, fragte, wer doch der Verfasser davon wäre,
und da er hörte, daß - es Paul Gerhard sei, bedauerte er gar
sehr, einen so gottergebenen Mann nicht in seinem Lande behalten
zu haben.
3. Die Wege der Vorsehung.
Der fromme Hans Sachs, ein Schuhmacher und berühmter
Dichter in Nürnberg (er starb 1576), dachte eines Abends über
die wunderbaren Wege der Vorsehung nach und hatte darauf in
der Nacht einen merkwürdigen Traum, welchen er so erzählt:
Ich hatte mich in einem dunkeln Walde verirrt und fand
keinen Ausweg. Ich rief um Hülfe. Da bot sich mir ein Be
gleiter dar, der sich für einen Engel Gottes ausgab, gesandt, mir
die Wege der Fürschnng zu zeigen. Er brachte mich ans dein
Walde in ein Wirthshaus, wo der Wirth uns sehr gut aufnahm.
Er sagte, er habe heute einen frohen Tag; sein Feind habe sich
mit ihm versöhnt und ihm zum Unterpfande der Versöhnung
einen silbernen, inwendig vergoldeten Becher geschenkt. Wir gin
gen fort und mein Engel stahl ihm den Becher. Ich zürnte, aber
der Engel sprach: «Schweig, und ehre die Wege der Fürschnng!"
Ich schwieg, und wir kamen an ein Hans, dessen grnndböscr
Wirth uns Alles zu Leide that. Wir brachen bald aus und beim
Abschiede schenkte der Engel dem schändlichen Manne den Herr
lichen Becher. Ich tadelte; ich zürnte. Aber er sprach: «Schweig,
und ehre die Wege der Fürschnng!" Wir kamen dann zu einem
Wirthe, in dessen Hanse Armuth und Noth herrschte. Er war
ein guter Mann, aber durch Unfälle um das Seinige gekommen.
In acht Tagen sollte ihm das Hans genommen werden. Beim
Weggehen brannte ihm der Engel das Hans über dem Kopfe an.
Ich zürnte. Aber der Engel sprach zum dritten Male: «Schweig,
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