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42. Über das Gebet, 
an meinen Freund Andres. 
Es ist sonderbar, daß Du von mir eine Weisung übers Gebet 
verlangst; und Du verstehst's gewiß viel besser als ich. Du kannst 
so in Dir sein und auswendig so verstört und albern aussehen, daß 
der Priester Eli, wenn er Dein Uastor loci1) wäre, Dich leicht in 
bösen Ruf bringen könnte. Und das sind gute Anzeichen, Andres. 
Denn wenn das Wasser sich in Staubregen zersplittert, kann es keine 
Mühle treiben; und wo Klang und Rumor an Tür und Fenstern 
ist, passiert im Hause nicht viel. 
Daß einer beim Beten die Augen verdreht rc., find' ich eben nicht 
nötig, und halte ich's besser: natürlich! Indes muß man einen darum 
nicht lästern, wenn er nicht heuchelt; doch daß einer groß und breit 
beim Gebet tut, das muß man lästern, dünkt mich, und ist nicht aus¬ 
zustehen. Man darf Mut und Zuversicht haben, aber nicht eingebildet 
und selbstklug sein; denn weiß einer sich selbst zu raten und zu helfen, 
so ist ja das kürzeste, daß er sich selbst hilft. Das Händefalten ist eine 
seine äußerliche Zucht und sieht so aus, als wenn sich einer aus 
Gnade oder Ungnade ergibt und's Gewehr streckt rc. Aber das inner¬ 
liche, heimliche Hinhängen, Wellenschlägen und Wünschen des Herzens, 
das ist nach meiner Meinung beim Gebet die Hauptsache, und darum 
kann ich nicht begreifen, was die Leute meinen, die nichts vom Beten 
wissen wollen. Ist eben so viel, als wenn sie sagten, man solle nichts 
wünschen, oder man solle keinen Bart und keine Ohren haben. Das 
müßte ja 'n hölzerner Bube sein, der seinen Vater niemals etwas 
zu bitten hätte und erst 'n halben Tag deliberierteF) ob er's zu der 
Extremität3) wolle kommen lassen oder nicht. Wenn der Wunsch in¬ 
wendig in Dir Dich nahe angeht, Andres, und warmer KomplexionZ 
ist, so wird er nicht lange anfragen, er wird Dich, übermannen wie'n 
starker gewappneter Mann, wird sich kurz und gut mit einigen Lumpen 
von Worten behängen und am Himmel anklopfen. 
Aber das ist eine andere Frage, was und lute wir beten sollen. 
Kennt jemand das Wesen dieser Welt, und trachtet er ungeheuchelt 
nach dem, was besser ist; denn hat's mit dem Gebet seine gewiesene 
Wege. Aber des Menschen Herz ist eitel und töricht vom Mutterleibe 
an. Wir wissen nicht, was uns gut ist, Andres, und unser liebster 
Wunsch hat uns oft betrogen! Und also muß man nicht auf seinem 
Stück stehen, sondern blöde und diskretsein und dem lieber alles 
mit anheimstellen, der's besser weiß als wir. 
1) Ortspfarrer. 2) beratschlagte, überlegte. 3) zum äußersten. 4) recht lebhaft. 
5) zurückhaltend, bescheiden.
	        
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