Full text: Vaterländisches Lesebuch

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Dieses Thal mißt ungefähr 3 Meilen in der Länge und l/.2 Meile 
in der Breite. Die Schicht, in der sich der heilig gehaltene 
Stein von blutrothcr Farbe und schiescrartigem Ansehen vorfindet, 
ist einen halben Schuh breit. Die Indianer verstehen ans 
diesem Pfeifensteine sehr schöne Pfeifen zu bohren und zu schnitzen, 
und schätzen denselben schon deshalb hoch* weil er ihre Lieblingö- 
farbe trägt und sehr geschmeidig in der Bearbeitung ist. 
Wenn die Indianer einen Feind getödtet und skalpirt, d. h. 
ihm die Kopfhaut abgezogen haben, tragen sie entweder einen 
Büschel von den Kopfhaaren am Hemde, oder eine Adlerfeder 
mit rothen Flecken durchs schwarze Haar gesteckt. Ist diese Feder 
am oberen Ende gespalten und sind die Enden derselben roth be¬ 
malt, so bezeichnet dies, daß dem Feinde die Gurgel durchge¬ 
schnitten wurde. 
Wenn sie mit Weißen in Berührung kommen, sind sie stets 
mißtrauisch und ängstlich; sie lassen niemals die Summe ihres 
Geldvorrathcs wissen, den sie sorgfältig in ihren Haaren einge¬ 
flochten tragen ; ihr Mißtrauen ist durch die vielen betrügerischen 
Absichten der Weißen nur zu sehr begründet. 
Unter der dürftigen Ausstattung einer Jndianerhütte ist der 
Medicin-Sack von der größten Bedeutung. Der Indianer schreibt 
demselben übernatürliche Kräfte zu und betrachtet ihn als seinen 
Schutz und Leiter durchs Leben. — Oft wird dieser Sack sogar 
angebetet, Feste werden seinetwillen gefeiert, Hunde und Pferde 
ihm zu Ehren geopfert, und wenn man denselben beleidigt glaubt, 
werden Tage und Wochen in Reue und Fasten zugebracht, um 
ihn wieder zu versöhnen. 
Der Medicinsack besteht auö der Haut irgend eines nach beson¬ 
derer Borschrift gewonnenen ThiercS; gemeiniglich dienen Moschns- 
rattc, Biber, Otter, Wolf, Maus, Kröte, Sperling oder Schlange 
zu dessen Anfertigung. — Sobald ein Knabe 14 Jahre alt ist, 
wandert er nach einem einsamen Orte im Walde, wo er sich auf 
den Boden wirft, und in dieser Lage den großen Geist anbetend, 
2, 3 und oft sogar 4 Tage, ohne irgend welche Nahrung 
zu sick> zu nehmen, verbleibt. Gestattet sich derselbe endlich zu 
schlafen, so glaubt er, daß das erste Thier, von dem er träumt, 
dasjenige sei, welches ihm der große Geist für den erwähnten 
Zweck bezeichnet. Der Knabe geht jetzt zurück zu seines Vater- 
Hütte, nimmt Nahrung zu sich, und wandert hierauf wieder hin¬ 
aus in die dunkeln Wälder, um das erträumte Thier zu jagen. 
Sobald ihm dies gelungen, zieht er ihm die Haut ab, be¬ 
reitet und verziert diese nach seiner Phantasie, und führt diese
	        
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