Full text: Der Bildungsfreund in den Oberclassen deutscher Volksschulen

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Bitte, gleicher Lehre aus des Meisters seligmachendem Worte; 
ein Haus, das seine heiligsten Gefühle weckt, und wo er 
seine schönsten Stunden lebt, das ihn weiser und edler und 
zufriedener und jedem Werk und jeder Noth gewachsener an 
seinen Kreis zurückgibt; eine wahre Werkstatt des heiligen Geistes, 
darin er gebildet wird für den Himmel; eine Hütte des Friedens, 
die ihn zur Aufnahme in die ewigen Hütten bereitet. O saget, 
„muß er denn nicht sein in dem, das seines Vaters ist?" Muß 
es nicht lauten, wie ein Ton aus seinem eigenen Innersten, 
wenn er dort lieset: „Eins bitte ich vom Herrn, das hätte ich 
gern, daß ich im Hause des Herrn bleiben möge mein Leben 
lang und schauen die schönen Gottesdienste und seinen Tempel 
besuchen." — 
So liegt es im Wesen des Christen, daß er wünscht, 
nimmer vom Tempel zu kommen; er müßte erst von innen aus 
ein ganz anderer werden, wenn er dieß nicht mehr wünschen 
sollte. — 
Es schwebe uns hier das Bild früherer Zeiten vor, jener 
Zeiten, von welchen unsere Greise so oft noch mit Entzücken 
erzählen. 
Ach, was galt da der Sonntag und seine bedeutungsvolle, 
heilige Feier! Hatte sich die Woche hindurch der Hausvater mit 
den Seinigen auf diesen Genuß gefreuet, so wurde der stille 
Vorabend, wo früher als gewöhnlch das ,Geräusch irdischer 
Thätigkeit schwieg, zu Betrachtungen und Übungen, die den 
Tag des Herrn würdig einleiten sollten, benutzt. Gerufen 
dann vom ehrwürdigen Geläut der Glocken und durch sie schon 
versenkt in frommen Ernst, eilte alles in die Wohnungen der 
Andacht. Gottesfürchtige Scharen bedeckten den Weg. Hohe 
und Niedere, Reiche und Arme, Landmann und Städter, Herr¬ 
schaft und Gesinde, der Vater und der Knabe an seiner Hand, 
die genußlustige Jugend und das Alter, bereit in Frieden au 
fahren auf Gottes Ruf, — alles, alles fühlte dasselbe Bedürf¬ 
niß; und neben dem geringsten seiner Unterthanen erschien gern 
auch der Fürst, um in tiefster Demuth anzubeten den König 
aller Könige. Die Stunden der Weihe waren geendet. Im 
stillen Familienkreise verlebten fromme Hausgenossen nun den 
Rest des Tages; und auch da noch sowie in den folgenden Wo¬ 
chentagen stand bei Arbeit und Spiel der Gedanke an das, was 
sie in den Hallen der Religion vernommen, wie ein Wegweiser 
durch's Leben vor ihnen da.
	        
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