258
Bitte, gleicher Lehre aus des Meisters seligmachendem Worte;
ein Haus, das seine heiligsten Gefühle weckt, und wo er
seine schönsten Stunden lebt, das ihn weiser und edler und
zufriedener und jedem Werk und jeder Noth gewachsener an
seinen Kreis zurückgibt; eine wahre Werkstatt des heiligen Geistes,
darin er gebildet wird für den Himmel; eine Hütte des Friedens,
die ihn zur Aufnahme in die ewigen Hütten bereitet. O saget,
„muß er denn nicht sein in dem, das seines Vaters ist?" Muß
es nicht lauten, wie ein Ton aus seinem eigenen Innersten,
wenn er dort lieset: „Eins bitte ich vom Herrn, das hätte ich
gern, daß ich im Hause des Herrn bleiben möge mein Leben
lang und schauen die schönen Gottesdienste und seinen Tempel
besuchen." —
So liegt es im Wesen des Christen, daß er wünscht,
nimmer vom Tempel zu kommen; er müßte erst von innen aus
ein ganz anderer werden, wenn er dieß nicht mehr wünschen
sollte. —
Es schwebe uns hier das Bild früherer Zeiten vor, jener
Zeiten, von welchen unsere Greise so oft noch mit Entzücken
erzählen.
Ach, was galt da der Sonntag und seine bedeutungsvolle,
heilige Feier! Hatte sich die Woche hindurch der Hausvater mit
den Seinigen auf diesen Genuß gefreuet, so wurde der stille
Vorabend, wo früher als gewöhnlch das ,Geräusch irdischer
Thätigkeit schwieg, zu Betrachtungen und Übungen, die den
Tag des Herrn würdig einleiten sollten, benutzt. Gerufen
dann vom ehrwürdigen Geläut der Glocken und durch sie schon
versenkt in frommen Ernst, eilte alles in die Wohnungen der
Andacht. Gottesfürchtige Scharen bedeckten den Weg. Hohe
und Niedere, Reiche und Arme, Landmann und Städter, Herr¬
schaft und Gesinde, der Vater und der Knabe an seiner Hand,
die genußlustige Jugend und das Alter, bereit in Frieden au
fahren auf Gottes Ruf, — alles, alles fühlte dasselbe Bedürf¬
niß; und neben dem geringsten seiner Unterthanen erschien gern
auch der Fürst, um in tiefster Demuth anzubeten den König
aller Könige. Die Stunden der Weihe waren geendet. Im
stillen Familienkreise verlebten fromme Hausgenossen nun den
Rest des Tages; und auch da noch sowie in den folgenden Wo¬
chentagen stand bei Arbeit und Spiel der Gedanke an das, was
sie in den Hallen der Religion vernommen, wie ein Wegweiser
durch's Leben vor ihnen da.