Full text: Darstellung der allgemeinen Verhältnisse und Erscheinungen der Völkerkunde (I)

248 Abschn. 3. Von den auf d. Ciitwickel. d. Menschh. einwlrk. inneren Urs. 
durch das strenge weltliche Gesetz nicht verboten ist, das ist 
erlaubt, denn das daneben stehende Gesetz der Natur gestattet 
begreiflicher Weise Jeglichem so viel als er begehrt, weil seine 
Sinne, bei dem Mangel eines eigentlichen Priesterstandes, als 
die alleinigen Dolmetscher desselben angesehen werden müssen.— 
Die Entartung, welche sich in der Sinto- Religion aus¬ 
spricht, mußte daher nothwendig z^r doppelten Knechtschaft 
führen. Das äußerliche, weltliche Gesetz und die noch ver¬ 
derblicheren Fesseln der Naturbefangenheit begründeten die voll¬ 
kommenste Geistes-Sklaverei, und schlossen jede Spur mora¬ 
lischer Freiheit für immer aus. Es fehlt jede Ahnung von 
wahrhafter innerer Heiligung, und der Gedanke an ein über 
das Irdische erhabenes geistiges Daseyn erscheint wie ein 
dunkler Traum, der von dem lebendigen Drange reger Welt¬ 
lust völlig in den Hintergrund geschoben worden ist. — 
§♦ 13. Heidenthum dev mongolischen Menschheit — (Fort¬ 
setzung) — das Schamanenthum. 
Älter als alle die bisher erwähnten Religionsformen, iit 
denen sich das Bewußtseyn der mongolischen Völker bewegt, 
aber zugleich roher als sie ist ein von Zauberwahn und Dä- 
monenfnrcht befangener Geisterdiensi, der gewöhnlich mit dem 
Namen des schamanischen Heidenthums bezeichnet wird. 
Mannigfaltig sind seine verschiedenen Ausprägungen, weitver¬ 
breitet seine Zweige. — Indem wir uns vorbehalten, auf diese 
weiter unten zurückzukonnnen, folgen hier nur die allgemein¬ 
sten Umrisse dieser von jeder fördernden Tendenz entblößten 
religiösen Vorstellungsweisc, welche, in ihrer Rohheit, Düster¬ 
keit und Trostlosigkeit, die traurigste Verirrung des mensch¬ 
lichen Geistes bekundet. — 
Der Glaube an Zauberei, welcher hier ausgebildeter als 
anderswo erscheint, und die Grundlage des ganzen Schama¬ 
nenthums bildet, steht offenbar, hinsichtlich seiner Entstehung, 
in einem natürlichen Zusammenhange mit dem Andränge feind¬ 
licher Naturgewalten, welche in ungünstigen, in nördlichen 
oder ärmlich ausgestatteten Ländern das Daseyn der Mensch¬ 
heit bedrohen und gefährden. Er ist indeß, wie wir gesehen 
haben, den Völkern nwngolischer Race überhaupt eigenthüm-
	        
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