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die durch einen Abzugskanal unter der Erde fortgeleitet werden
sollten — aber selbst ein Schlund, welcher nur 10 Billionen Ku-
biksuß Wasser im Laufe eines Jahres verschlingt oder ausspeit,
müßte im 19. Jahrhundert doch wohl aufgefunden worden sein.^)
Nach W. und S. zu ist der Caspische See von hohen Gebir¬
gen, vom Kaukasus und Elbrus begrenzt, im 0. und N. hingegen
umgiebt ihn ein ungeheures Flachland. Die Gewässer, welche aus
diejem Raume ihm zuströmen, sind jetzt kaum mehr hinreichend,
sein Niveau unverändert zu erhalten. Die Ausdünstung bei dem
im Sommer äußerst heißen Klima und bei dem vulkanischen Heerde,
an Und über dem er liegt, ist so stark, daß sie die zugeführten
Wassermassen vollständig absorbirt. Der Vulkanismus jener Ge¬
gend ist unzweifelhaft und hinlänglich bekannt: heiße Quellen,
Quellen von Erdpech und Naphtha ergießen sich in seinen Schooß
und kommen wahrscheinlich aus seinem, an manchen Stellen 100
Klaftern tiefen Grunde hervor, welches durch seinen bittern Ge¬
schmack, wenn man das Wasser fern vom Ufer schöpft, und durch
seine nicht selten völlig fettglänzende Oberfläche deutlich dargethan
wird. An den Ufern, besonders in der Nähe der Flüsse, ist das
Wasser beinahe ganz süß, weil das viel leichtere Flußwasser auf
dem mit unzähligen mineralischen Stoffen vermischten, also bei
weitem schwereren Salz- und Bitterwasser schwimmt und nur bei
Winden aufgewühlt wird.
Wohl ist es wahrscheinlich, daß der Caspische See früher be¬
deutend höher stand und mit dem Schwarzen Meere und dem
Aralsee ein Meeresbecken bildete, so daß die Steppengegenden im
N. und O. des See's trocken gelegter Meeresboden sind.
Zu den wichtigsten an- und umliegenden Städten des Caspi-
see's gehören folgende: Baku, die feste Hauptstadt der ehemals
persischen, jetzt russischen Provinz Schirwan, aus einem isolirten
Berge am Anfange der kleinen Halbinsel Apscherou. Sie hat einen
sehr guten Hafen, der zugleich Station für eine Abtheilung der
russischen Flotille des Caspischen Meeres ist. Die Stadt zählt
etwa 6000 E., die wichtigen Handel treiben, und enthält zahlreiche
Moscheen, ansehnliche Karavanserais und Kaufhallen. Baku's Um¬
gegend ist mit einem so herrlichen Blumenflor geschmückt, daß man
sie das »Rosenparadies« nennt. In unmittelbarer Nähe ist das
berühmte heilige, ewige Feuer der Parsen oder Guebern, wohin
von den Feueranbetern, die ihre Gottheit unter dem Symbol des
Feuers verehren, aus Indien und andern Theilen Asiens stark
gewallfahrtet wird. Das Kloster Arteschgah oder der Feuectempel
ist für die Pilger, von denen manche Jahre lang oder auf Lebens¬
zeit hier bleiben, errichtet. In diesem Gebäude, das über dem
Feuer erbaut ist, sind viele Zellen. In diesen sowohl, als auch im
Klosterhofe und außerhalb desselben, sind viele Röhren angebracht.