Full text: Geographische Skizzen aus Europa

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romantisch, reizend liegt das großartige neue Schloß, dem die auf 
einer Insel im See liegende alte Residenz weichen mußte. Doch 
begeben wir uns auf den Bahnhof, um mit dem Dampfrosse den 
Ostseestrand bald zu erreichen. Unser Weg führt dem Westufer 
des Schweriner-See's entlang, dessen spiegelglatte Fläche von zahl¬ 
reichen Kähnen belebt ist, da er durch seinen Reichthum an schö¬ 
nen, schmackhaften Fischen den Umwohnern reichlichen Unterhalt 
gewährt. Viele Ortschaften, mit ihren Häusern und Kicchthürmen 
im See sich spiegelnd und von wogenden Getreidefeldern umgeben, 
bekränzen die Ufer dieser lieblichen Wasserfläche. Beim Dorfe 
Kleinen scheiden wir vom See und bald erreichen wir, wie im 
Fluge, das Pfarrdorf Mecklenburg, die einst mächtige Haupt- 
ünd Handelsstadt der slavischen Obotriten, damals »Mikelenborg« 
genannt. Sie ist nebst ihrer ehemaligen gleichnamigen Burg von 
der höchsten Blüthe fast bis zum Nichts herabgesunken, und nur 
der Name noch erinnert an die für sie glänzende Vergangenheit. 
Von hier aus erreichen wir in wenigen Minuten den Bahnhof 
von Wismar, den nördlichsten Punkt dieser Eisenbahnlinie. Wir 
steigen aus und begeben uns in die Stadt, die an einem kleinen 
Busen der Ostsee sich ausbreitet. Der von vielen Schiffen — Wis¬ 
mar allein besitzt deren über 50 — belebte schöne Hafen, einer 
der besten der Ostsee, sagt uns, daß Wismar eine Seestadt ist. 
So liefen z. B. i. I. 1847 über 350 Schiffe ein und fast eben so 
viele aus. Neben dem Hafen befinden sich ansehnliche Schiffsbau- 
anstalten. Wismar führt besonders viel Getreide aus; denn Meck¬ 
lenburg ist ein Kornland. Eine große Rührigkeit herrscht unter 
den 14,000 Einwohnern der Stadt, von denen nicht nur viele 
Schiffer, sondern auch Fischer sind. Schifffahrt nebst Seehandel 
und Fischerei sind sa die beiden Haupterwerbsquellen der Stadt. 
Auch befindet sich hier eine Seebadeanstalt, die fleißig besucht wird. 
In der Stadt selbst können wir unter den 1250 meist schöngebau¬ 
ten Häusern die herrliche Marienkirche und das schöne Rathhaus 
in Augenschein nehmen. Wismar gehörte vormals zu den Hansa¬ 
städten und fiel später nebst der 3 QMl. großen gleichnamigen 
Herrschaft an die Krone Schweden, bei der sie vom dreißigjährigen 
Kriege bis zum Jahre 1803 verblieb. Hier hatten daher die Schwe¬ 
den auch ein Tribunal höchster Instanz für die schwedisch-deutschen 
Besitzungen errichtet. Der hiesige »Lindengarten« und der »Schützen¬ 
garten« sind Erholungs- und Belustigungsörter für die Bewohner. 
Oestlich vom Bahnhöfe der Stadt und außerhalb derselben liegt 
das adlige Gut »Kritz-Burg«, über das in der Ferne die 495 Fuß 
hohe »Hohe Burg« im Schlemminer Walde sich erhebt. Von Wis- 
mar's Hafen aus können wir auch die nahe Insel Poel besuchen. 
Ehe wir dieselbe erreichen, kommen wir an der ehemaligen Cita¬ 
delle »Wallfisch« vorüber. Poel ist etwa Vs QMl. groß und von
	        
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