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wird; und in einer S zu ba, da-s heißt einem Winterkleide, das
sich von der Pickesza hauptsächlich dadurch unterscheidet, daß
sie fast ohne Taille ist. Sie wird von Kamelot, Seide, Kat¬
tun getragen und ist immer gefüttert. — Die übrigen Klcider-
trachten der polnischen Damen sind französisch oder englisch.
In der häuslichen Tracht solcher Damen, die nicht sonder¬
lich mit Glückögürern gesegnet sind, herrscht oft eine anßeror-
dentliche Unrcinlichkeir; und mitunter kommt man auf adelige
Höfe, wo das gnädige Fräulein und die gnädige Frau Mama
so zerrissen und fo schmutzig einhergehen, daß man sie eher für
Bettlerinnen als für adelige Damen halten könnte. Bei dem
kleinen Adel auf dem Lande ist es oft schwer, die Frau vom
Hause von der Viehmagd zu unterscheiden, besonders im Som¬
mer, wo jede im Unterrock und bloßen Hemde herumgeht.
Bei dem allen behauptet die weibliche Gefallsucht ihr Recht.
Fast jede adelige Gutsbesitzerin und ihre Töchter bemalen sich
die Wangen mit Karmin. Sie treiben aber meistens ihre Kunst
mit solcher Ungeschicklichkeit, daß ihre überpinselten Wangen
mehr an das rothe Ziegeldach eines deutschen Viehsialles als an
die liebliche Rose erinnern.
9. Die polnischen Wölfe.
Die polnischen Wölfe machen die Waldungen, besonders im
Winter, sehr unheimlich und für Reisende gefährlich; denn oft
lauern ganze Schaarcn solcher hungriger und grausamer Bestien
am Wege und überwältigen und zerreißen Reiter und Pferde.
Die müßigen Edelleute machen zwar fleißig Jagd auf dieselben,
es wird ihnen aber schwer gelingen, sie auszurotten. Folgende
Gcschichtchen werden beurkunden, mit welcher Kühnheit diese
raubgierigen Thiere ihre Angriffe unternehmen.
Zwei polnische Reiter ritten an einem Wintermorgen, mit
Pistolen und Säbeln bewaffnet, unbesorgt durch den Wald, als
sie unversehens von einer Heerde Wölfe umringt wurden. Sie
schossen auf die Bestien und trieben sie einige Schritte weit zu¬
rück, zumal wenn sie einen verwundeten oder erlegten. Gleich
darauf kamen aber die wüthenden Unholde noch grimmiger zurück
und gingen auf ihre Feinde los. Die Reiter hatten sich bald
verschossen, und nun griffen sie nach dem Säbel, wehrten sich
damit so gut sie konnten, und verwundeten einige. Bald aber
mußten sie der Wuth und der Menge ihrer Feinde weichen und
eines grausamen Todes sterben. Wie sie überwältigt wurden,
sah Niemand, und was ich euch erzählt habe, errieth man blos
aus dem, was man in der Folge wahrnahm. Man fand näm¬
lich zwei Paar Reiterstiefeln, die blutigen Lappen der Uniform,
zwei Säbel, zwei Paar Pistolen, viele Spuren von Blut, ab¬
genagte Menschengebeine und einige verwundete halb todte Wölfe.
Ein andermal fuhr ein Dorfprediger auf einem mit zwei Pfer-