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aber ihr Herz ist gut, und sie geben vernünftigen Gründen,
wenn man sie ihnen nur recht vorzutragen weiß, leicht Gehör.
Sie sind große Liebhaberinnen der Pracht, besonders in Juwe¬
len ; alle Finger stecken sie sich ohne Wahl und Geschmack voll
Ringe. Die Aermsten, so wie die Reichsten, gehen nie ohne
Basquina aus. Es ist dieß ein großer Uebcrrock von schwar¬
zem Moire oder Tafset, den sie über ihre andern oft sehr rei¬
chen Kleider anziehen; sie legen ihn aber ab, sobald sie nach
Hause oder zu guten Freundinnen kommen. Beinahe alle Frauen
haben sehr schöne Augen, voll Feuer und Geist, wodurch sie
schon, ohne alle andern Reize, sehr angenehm seyn würden.
Eine Spanierin laßt aber nicht leicht von einem Manne ihre
Hand berühren, oder wohl gar küssen; noch weniger das Ge¬
sicht. Auf dem Theater würde ein öffentlicher Kuß ganz und
gar unerträglich seyn. Wie weit die Spanier in diesem Stück
ihr Zartgefühl treiben, sieht man aus folgender Anekdote: Es
wurde nämlich ein französisches Schauspiel, in welchem ein al¬
ter Eifersüchtiger zwei junge Personen, die sich lieben, über ei¬
nem Kuß ertappt, in das Spanische übersetzt. Der Uebersetzer
fand aber dieses Küssen so unanständig, daß er sich nicht ent¬
schließen konnte, den Zuschauern dannt ein Aergerniß zu geben.
Er suchte sich daher mit einer andern in Portugal und Spanien
üblichen Sitte zu helfen, wo es als ein Zeichen der höchsten
Vertraulichkeit angesehen wird, wenn zwei Personen sich ein¬
ander die Lause absuchen. Er ließ daher den jungen Menschen
den Kopf in den Schooß des Mädchens legen, welche sich be¬
schäftigen mußte, ihm solche Thiere abzuklauben, als der alte
Eifersüchtige hereintrat und sie überraschte. Einen Kuß würde
das Parterre dem Schauspieldichter nie vergeben haben.
Unter den Spaniern sind ganz besondereHöflichkeitsformcln
in Gebrauch. Lobt z. B. Jemand eines Spaniers Degen, Ubr,
Ring, oder sonst etwas, das ihm wohlgefällt, so bietet der Be¬
sitzer cs gleich einer solchen Person zum Geschenke an. Kommt
ein Fremder in sein Haus, so bittet er ihn, dasselbe als sein ei¬
genes zu gebrauchen; es ist den Spaniern aber mit solchen An¬
erbietungen eben so wenig Ernst, als uns, wenn wir uns gegen
einen Andern seinen gehorsamen Diener nennen, und es würde
ihm gewiß sehr leid seyn, wenn ihn Jemand beim Worte neh,
men wollte.
Die Spanier sind sehr eifrige Katholiken, und ihre Andacht
erstreckt sich nicht nur auf die fleißige Besuchung des Gottes¬
dienstes, sondern sie äußern dieselbe auch durch zahlreiche Heili¬
genbilder, die sie nicht nur in ihren Häusern aufstellen, sondern
auch zum Putz an ihrem Leibe tragen. Ein Reisender (der Ma¬
jor Wilhelm D a lry mp le) zählte an dem Halse seiner Wirthin
die Köpfe von sechs und zwanzig verschiedenen Heiligen, die auf
kleine Stückchen Silber abgedruckt und an Glaskorallen befesti-