Full text: Europa's Länder und Völker

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Niemand sehen möge, was für ein Gesicht die Braut macht. 
Vor dem Wagen her geht zu Fuß der Bräutigam mit seinem , 
Vater und Freunden; hinter demselben aber reitet ein Kerl, der, 
ich weiß nicht warum, ein großes Stück Zeug an einer Stange 
wie eine Fahne flattern laßt. L>o langt nun der Zug in dem 
Hause an, vor welchem gewöhnlich der Tag mit Trinken, Tan¬ 
zen, Singen auf öffentlicher Straße hingebracht wird, wobei 
die besten Tänzer sich durch künstliche kartarische Tänze hervor¬ 
zuthun suchen. 
Der Mann muß nun wissen, wie er sich mit seinem jungen 
Weibe ernähren will. Versteht er ein Handwerk, so hat es 
keine Noth. Es gibt unter den Kosaken Schuster, Schmide, 
Zimmerleute rc., die immer vollauf zu thun haben, weil sie 
keine fremden Arbeiter unter sich ansäßig werden lassen. Oft 
ernährt auch die Frau durch ihre Geschicklichkeit die ganze Fa¬ 
milie, denn viele Kosakinnen verfertigen nicht nur gemeine , 
sondern auch feine Kamelote von ausnehmender Schönheit, die 
sehr gut bezahlt werden und keine großen Auslagen erfordern, 
weil in diesen Gegenden das Kameelhaar sehr wohlfeil zu haben 
ist. Sie nennen diese Zeuge Armak. 
Ihre Nebenbeschäftigung besteht in der Viehzucht*- beson¬ 
ders halten sie viel Hornvieh, viele Pferde, die sie Sommer 
und Winter auf den Triften lassen, wo sie sich selbst ibr Fut¬ 
ter suchen müssen. Nur denjenigen, die sie zu Hause behalten 
und arbeiten lassen, geben sie besseres Futter. Die Pferde be¬ 
schlagen zu lassen, halten sic für unnöthig. Ein Tbcil der Tar- 
taren, die viel Schafe halten, ziehen auch mit Filzzelten her¬ 
um; die Russen aber errichten sich an den Orten, wo sie das 
Vieh zusammentreiben, Hütten von Korbwerk, die von außen 
mit Lehm oder nasser Erde beworfen werden. 
Viele Kosaken beschäftigen sich lieber mit der Jagd, nach 
Steppenfüchsen, Wölfen, Bibern, wilden Schweinen, beson¬ 
ders zu solchen Zeiten, wo frischer Schnee gefallen ist, in dem 
sie die Spuren der Thiere sehen und verfolgen können. Das 
Hauptgeschäft der Meisten ist aber der Fischfang in dem Jaik- 
strome, in den jährlich eine große Menge Fische aller Art, be¬ 
sonders Störe, Hausen, Sterleden, Welse, Weißlachs aus dem 
kaspischen Meere kommen, um ihren Laich abzusetzen, der Hechte 
und anderer Flußfische nicht zu gedenken. 
Die meisten dieser Fische kommen in großen gedrängten 
Schaaren. Zuerst erscheint im Monat Februar der Weißlachs, 
der mit Angelhaken gefangen wird; nach ihm kommen, in den 
Monaten März, April, Mai, die Störartcn, und zwar in so 
dichten Zügen, daß man von dem Ufer aus ihr Gewimmel im 
Wasser deutlich sehen kann. Man erzählt als eine Sage, daß 
bisweilen diese mächtigen Fische die Wehre im Fluß durchbro¬ 
chen haben, und man mit Kanonen unter sie schießen mußte.
	        
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