Full text: Europa's Länder und Völker

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Menge Buden besetzt, worin Spiel- und Galanterie-, Töpfer¬ 
und Erfrischungswaaren feil geboten werden. Man könnte fast in 
Versuchung kommen, diese Gegend K l e i n - L o n d o n zn nennen. 
Der geräuschvollste Tag ist der Montag nach Pfingsten, wo 
der Pferdemarkt gehalten wird. Er findet auf einem besondern 
Marktplatze, dem Hopfenmarkte, Statt, dessen Hauptgebäude 
das fürstliche Schloß, das akademische Gebäude und das in der 
Mitte des Platzes freistehende Promotionshans sind. Immer ist 
an diesem Tage die Anzahl der Pferde und Menschen auf dem 
Platze sehr groß. Man sieht da schöne, starke Thiere von edlen 
Racen, meistens hoch im Preise; und es ist kein geringes Ver¬ 
gnügen, die Physiognomieen und das Benehmen der Käufer und 
Verkäufer zu beobachten und ihrem Handel zuzusehen. — 
Rostock hat ein Zeughaus, ein Zucht- und Arbeitshaus, und 
mehrere bedeutende Fabriken; auch ein Jungfrauenkloster befindet 
sich hier. Unter den Kirchen zeichnet sich die Marienkirche ans, 
worin das Grabmal des berühmten Hugo Grotius, der hier 
starb, und noch mehr andere Monumente. Die Stadt treibt 
starke Schifffahrt und hat über i5o eigene Fahrzeuge. Mit Vieh, 
Wolle und Getreide wird ein bedeutender Handel getrieben. 
Die Mark'tzeit ist auch jedesmal ein Fest für die leibeigenen 
Bauern und Bäuerinnen, denn im Mecklenburgischen ist die Leib¬ 
eigenschaft noch nicht aufgehoben. Man hört dann in den ge¬ 
meinen Gasthöfen von allen Seiten den lauten Jubel dieser Men¬ 
schen. Tanzende, singende, zechende und taumelnde Gruppen 
belustigen das Auge und bieten die natürlichsten Gemälde im Ge¬ 
schmack der niederländischen Maler dar. Nur zweimal im Jahre 
wird diesen Leuten ein solcher Jubeltag zu Theil; um desto froher 
und ausgelassener genießen sie ihn. 
Hamburg und die Hamburger *). 
Hamburg. 
Von welcher Seite man auch in die Stadt Hamburg treten 
mag, so kommt man immer in weite, luftige, schön bebaute 
Straßen, in denen das lebendige Gewimmel der Betriebsamkeit 
beim ersten Anblick tausend angenehme Empfindungen erweckt. 
Aber kaum hat man Zeit gehabt, sich seinem Wohlbehagen zu 
überlassen, so siebt man sich in enge krumme Gäßchen verwickelt, 
auf deren Pflaster vielleicht seit Jahrhunderten kein Sonnenstrahl 
herabgedrungen ist, wo man in tiefem Kothe watet, und ein er¬ 
stickender Gestank die Brust beklemmt. Selbst die lebhafte Ge¬ 
schäftigkeit, weit entfernt noch angenehm zu seyn, wird hier 
beängstigend. Hier perdrängt mich ein unverschämter Karren- 
*) Nach Merkels Schilderung.
	        
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