Full text: Europa's Länder und Völker

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die Schicksale, die er erlebte, durch die Denkmale, die er enthält, 
und durch den mit Recht berühmten Bleikeller das meiste In¬ 
teresse. Der Thurm ist sehr hoch und spitzig. In der Kirche fin¬ 
det man noch mehrere Monumente von Bischöfen und Prälaten, 
auch manches andere Denkmal, z. B. den einfachen Grabstein 
des bekannten Schriftstellers Knigge. 
Unter den übrigen öffentlichen Gebäuden verdienen das Kran¬ 
kenhaus, das Zucht- und Werkhaus, die Waisenhäuser,^das Ly¬ 
ceum, mit einer Bibliothek und Sternwarte, das Gebäude des 
Museums und das Theater auf dem Walle angeführt zu werden. 
Merkwürdig ist auch die Wasserkunst mit dem großen Rade, bei 
der langen über die Weser führenden Brücke, wodurch die ganze 
Stadt mit Wasser versehen wird. 
Die Stadt har bedeutenden Handel und eine ansehnliche Schiff¬ 
fahrt. Die Schiffe können aber nicht auf dem Strome bis zur 
Stadt kommen, weil das Wasser nicht Tiefe genug hat. Der 
Hafen ist bei dem Flecken Vegesack, wo sich auch die Schiffs- 
zimmerwerfte befinden. Ist der Handel in gutem Gange, so lau¬ 
fen jährlich '900 bis 1000 Schiffe in diesen Hafen ein. Von hier 
aus wird auch Wallsisch- und Robbenfang in den nördlichen Mee¬ 
ren getrieben. Die Bremer sind in ihren Handelsspekulationen 
umsichtig und behutsam. Ihr Manufactur- und Fabrikwesen ist 
aber nichts sehr blühend. 
Die Sprache der Bremer klingt ziemlich angenehm. Selbst 
das Plattdeutsche, das man in Bremen spricht, dünkt dem Ohre 
des Fremden weicher und sanfter, als in andern norddeutschen 
Gegenden. Meistens beschränken sich die Bewohner dieser Stadt 
in ihrem Umgänge auf die Familienkreise; man findet daher un¬ 
ter ihnen nur wenig Vereinigungspunkte zum geselligen Vergnü¬ 
gen. Doch besuchen sie fleißig das Theater auf dem Walle. 
Dieser Wall ist eine anmuthige englische Anlage mit einem 
kleinen Tempel und manchen reizenden An- und Aussichten. Die 
mancherlei in buntem Gemische abwechselnden Holzarten, die ver¬ 
schlungenen Pfade, und der ganz eigene Zauber, der in den un¬ 
gekünstelten romantischen Gängen und einzelnen geschlossenen ein¬ 
ladenden Plätzchen ruht, machen diese ehemalige Schutzwehr der 
alten Stadt mit Recht zum Lieblingsspaziergang der Bremer, 
und zum Sammelplatz der schönen Welt, die hier in buntem Ge- 
wühle umherschwärmt und das, besonders für Damen, so anzie¬ 
hende Vergnügen, zu sehen und gesehen zu werden, genießt. 
Die Bleikeller zu Bremen. 
In der Domkirche zu Bremen ist der berühmte Bleikeller, der 
die Eigenschaft hat, die Leichname, die in demselben aufbewahrt 
werden, unverweslich zu erhalten. 
Vor Alters war dieses Gewölbe, zu welchem nur zwölf bis 
fünfzehn Stufen hinunter führen, eine Kapelle, in welcher katho-
	        
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